San Miguel de Allende

In Dawson City erliegen wir beinahe der relaxten Beschaulichkeit des hohen Nordens, im charmanten Victoria verhindern die herbstlichen Temperaturen gerade noch Schlimmeres und am traumhaften Strand der Baja California lädt die vorbeifahrende Festland-Fähre täglich zur Mitfahrt ein.

Nun versprüht die bezaubernde Kolonialstadt San Miguel de Allende die unbeschwerte Lebensart des Südens, Minustemperaturen sind hier fremd und im hügeligen Hochland fordert uns auch keine Fähre zur Weiterfahrt auf!

So vernebelt die magische und bunte Atmosphäre der Pueblo Mágico unsere Sinne, wir entdecken täglich Neues, lernen außergewöhnliche Menschen kennen und die Tage ziehen unaufhaltsam vorüber.

Es ist also geschehen: Unseren Übernachtungsplatz buchen wir schon monatsweise, wir besitzen mexikanische Mobilnummern und sind nun seit gut vier Monaten im zentralen Hochland in San Miguel de Allende.

Mitte April packen die letzten »Winterurlauber« aus USA und Kanada zusammen, machen ihre Wohnmobile reisefertig und begeben sich im kleinen Konvoi auf den langen Trek nach Norden.

Jetzt sind im RV Park nur noch drei Plätze dauerbelegt und als auch unsere verbliebenen Nachbarn vorübergehend unterwegs sind, haben wir den RV Park praktisch für uns allein.

Nur selten kommen zu dieser Jahreszeit neue Reisende. Vielleicht zwei Wohnmobile pro Monat, die entweder nur für eine Zwischenübernachtung oder gleich für eine Woche und länger bleiben.

Ohnehin sind ab April deutlich weniger Bleichgesichter in den Straßen der Stadt zu sehen und wir erleben nur die angenehmen Seiten der unausgelasteten, touristischen Infrastruktur. Ab Juli kommen die Touristen zurück, aber San Miguel wirkt niemals überlaufen.

Die Regenzeit verspätet sich und entsprechend trocken und staubig ist der Juni.

Die Kehle wird selbst bei kurzen Erledigungen unangenehm, ja fast schmerzhaft trocken und man erinnert sich an alte Western, in denen die Helden den langen Ritt im Salon beendeten, um sich den heißen Staub aus der trockenen Kehle zu spülen.

Jeder hofft, dass der ersehnte Regen bald kommt und dadurch die Atemluft staubfreier und kühler wird.

Mit künstlicher Beregnung führt man im RV Park einen ungleichen Kampf gegen die unbezwingbare Trockenheit.

Abends wirbeln böige Winde oft meterhohe Staubwolken quer über den Platz und mitten durchs Reisemobil.

Die Maus, die auf dem Tisch gerade noch verschleißfrei gleiten konnte, fühlt sich danach wie ein Schleifklotz auf Sandpapier an.

San Miguel ist die Stadt der Feste, der Kunst und der Kultur.

Musik und Feuerwerke begleiten die zahlreichen Festivitäten, die meist an Wochenenden und oft über mehrere Tage gefeiert werden.

Auch bei Kirchenfesten sind moderne Open-Air-Live-Musik und Feuerwerke häufig fester Bestandteil der Veranstaltung.

An der Iglesias San Antonio wird die halbe Nacht Musik gespielt und eines der größten Feuerwerke kurz vor Tagesanbruch – um etwa 6:00 Uhr morgens – ohrenbetäubend abgefeuert!

Wie von Sinnen werden dazu lautstark die Kirchenglocken per Hand geläutet. In Deutschland unvorstellbar!

Der Dia de los Locos ist der im Juni gefeierte »Tag der Narren«, an dessen farbenfrohen und verrückten Umzug angeblich bis zu 10.000 Narren und über 50 Fahrzeuge teilnehmen. Ein wirklich närrisches Vergnügen!

Kulturell ist San Miguel eine Fundgrube der besonderen Art.

Musikkonzerte, Tanzvorführungen, Filmfestival, Ausstellungen, unzählige Galerien u.v.a.m. sorgen dafür, dass bei Interessierten absolut keine Langeweile aufkommt.

Zur persönlichen Entfaltung bieten sich eine Vielzahl von künstlerischen und handwerklichen Kursen an.

Dazu gehören das Erlernen von Musikinstrumenten, Tanz, Schmuckherstellung, Teppich weben, Töpfern, Malerei, Fotografie u.v.a.m.

Nicht unerwähnt sollen die zahlreichen Sprachschulen und Sprachlehrer bleiben, die neben Spanisch auch andere Sprachen unterrichten.

Die Regenzeit beginnt und der trockene Staub verschwindet.

Meist nachmittags ziehen vereinzelt weiße Wolken am ansonsten blauen Himmel auf. In der Ferne werden sie dichter, dunkler und rücken unaufhaltsam näher.

Dann vollbringt Tláloc zügig sein erfrischendes Werk und lässt meist kurz darauf das warme Licht der Abendsonne wieder scheinen.

Die Landschaft verändert sich rapide. Überall grünt, treibt und sprießt die Natur.

»Der Sachen sprießen lässt« lautet die Übersetzung von Tláloc, dem Namen des Regengottes der Azteken.

Im August und September soll er Überstunden machen, denn in diesen Monaten wird, wegen des verspäteten Anfangs, der Höhepunkt der Regenzeit erwartet. Wir sind gespannt und werden berichten!

Unseren Aufenthalt in San Miguel erleben wir als unerwartete und bereichernde Etappe auf der bisherigen Reise.

Dieser Reiseabschnitt bringt seine ganz eigenen Qualitäten mit sich, mit denen wir so nicht gerechnet haben und die wir auch nicht missen möchten.

Die nächsten Wochen verbringen wir noch in San Miguel und werden auch im Umland unterwegs sein.

Bilder

„Das kommt davon,
wenn man auf Reisen geht.“
(Albert Lortzing, 1801-1851)
Guanajuato, San Miguel de Allende

Ignacio Allende, ein aus gutem Hause stammender Capitán der spanischen Armee, gehörte zusammen mit den anderen Unabhängigkeitsführern Miguel Hidalgo und Juan Aldama zur Verschwörergruppe von Querétaro.

Er wurde am 21.1.1769 in San Miguel el Grande geboren und am 26.06.1811 – am gleichen Tag wie Aldama und Jiménez – in Chihuahua von den Spaniern standrechtlich erschossen. Hidalgo wurde vier Tage später exekutiert.

Zur Abschreckung hat man die Köpfe von Hidalgo, Allende, Aldama und Jiménez für zehn Jahre (1811 bis 1821) an den vier Ecken der Außenfassade der Alhóndiga de Granaditas in Guanajuato zur Schau gestellt.

Die alte Silberstadt Guanajuato (120.000 Ew., 2.000 m ü.d.M.) entstand in einem engen Flusstal, welches die räumliche Ausdehnung der farbenfrohen Stadt nur entlang der steilen Berghänge gestattet.

Die verwinkelten Gassen der Innenstadt werden platzsparend durch unterirdische Straßen entlastet, die den Verkehr im ausgetrockneten Flussbett oder in alten Bergwerksstollen leiten.

An den Hängen der edelmetallhaltigen Berge führt die kurvenreiche Carretera Panorámica in bester Aussichtlage um die Innenstadt, der wir 17 km bis zum stadtnahen Trailer Park folgen.

Einige Stromleitungen sind zum Greifen nah, so dass wir mehrfach auf die Gegenfahrbahn ausweichen.

Unsere Radioantenne kann es trotzdem nicht lassen und vermittelt der einen oder anderen Stromleitung, dass es neben elektrischer Energie auch Bewegungsenergie gibt.

Zu guter Letzt versperrt uns, 80 m vor unserem Ziel, ein grüner Gartenschlauch, der vor der Windschutzscheibe quer über die kopfsteingepflasterte Fahrbahn hängt, die abschüssige Einbahnstraße.

Mehrere entgegenkomme PKW stauen sich geduldig am Trailer Park, bis der Gartenschlauch endlich hochgezogen wird und wir freundlich winkend in der engen Einfahrt unseres Übernachtungsplatzes verschwinden.

Keiner hupt, keiner regt sich auf! Das schätzen wir so an Mexiko!

Auf der Kopfsteinpflasterstraße geht es zu Fuß bergab in die lebendige Innenstadt.

Dort erkunden wir die bahnhofsähnlichen Hallen des Mercado Hidalgo, in denen allerlei Waren, wie Obst, Gemüse, Gewürze, Kleidung, Schmuck usw., angeboten werden.

Wir folgen der Av. Juárez am Plazuela de los Angeles vorbei zum berühmten Callejón del Beso (Kussgässchen).

Das Kussgässchen ist knapp 70 cm breit und ermöglicht Liebespaaren das nachbarschaftliche Küssen von Haus zu Haus.

Die gelb/rot gestrichene Basilica de Nuestra Señora de Guanajuato wirkt, verglichen mit der prunkvoll verzierten Kathedrale in Zacatecas, relativ schlicht.

Sie passt jedoch ganz gut zu den bunten Häusern dieser farbenfrohen Stadt.

Der edle, barocke Innenraum, in dem die Statue der Señora de Guanajuato präsentiert wird, entfaltet dafür eine unerwartet imposante Wirkung.

In wenigen Minuten schlendern wir von der Basilica zum Jardin de la Unión, der in der Fußgängerzone gegenüber des Teatro Juarez liegt.

Während wir das schöne Teatro fotografieren, entdeckt ein Clown, den man treffender als Situationskomiker beschreiben könnte, neue Opfer. Uns!

Wie ein Model post er ungefragt vor unserer Kamera und unterhält damit sein Publikum, das die breite Treppe zum Teatro als Tribüne nutzt.

Wir nehmen unsere Opferrolle an und unterstützen ihn beim spontanen Fotoshooting.

Mit dem Applaus des Publikums geleitet uns der Pantomime danach geschickt auf die Tribüne.

Weitere Passanten werden in die »sprachlose«, aber gestenreiche Show einbezogen und die Tribüne füllt sich stetig mit unschuldigen Opfern und freiwilligen Zuschauern.

Die Funicular (Standseilbahn) bringt uns zur Aussichtsplattform des Monumento al Pipila, dem Denkmal eines mexikanischen Volkshelden.

Als Hidalgo mit seinen Gefolgsleuten Guanajuato einnehmen wollte, verschanzten sich die spanischen Soldaten in der festungsartigen Alhóndiga.

Einzunehmen war die Alhóndiga nur, indem die massive Holztür in Brand gesteckt wurde.

Für dieses Himmelfahrtskommando meldete sich der einfache Minenarbeiter Juan José de los Reyes Martínez (1782-1863), genannt Pipila.

Um sich vor den tödlichen Kugeln der spanischen Musketen zu schützen, band er sich einen großen flachen Stein auf den Rücken.

Mit Teer, Fackel und Stein kroch er unter feindlichem Beschuss zur hölzernen Eingangstür, bestrich diese mit Teer und setzte so die schwere Holztür in Brand. Der Rest ist mexikanische Geschichte!

Die Alhóndiga de Granaditas ist ein gewaltiges Gebäude, das in seiner 200jährigen Geschichte schon Getreidespeicher, spanische Festung, Gefängnis und Museum war.

Wir besuchen das in der Alhóndiga untergebrachte historische Museo de la Alhóndiga de Granaditas, welches Gedenkstätte für die Unabhängigkeitskämpfer ist, prähispanische Funde ausstellt und Dokumente zur Stadtgeschichte zeigt.

An den Wänden der großzügigen Treppenaufgänge sind imposante Murals zu sehen.

Die koloniale Geschichte und die historische Bedeutung sind im wunderschönen Guanajuato überall zu spüren.

Inzwischen ist der kleine Trailer Park mit 6-7 Fahrzeugen fast überfüllt und wir lernen wieder nette Reisende mit außergewöhnlichen Lebensentwürfen kennen.

Pascal und seine Familie leben schon ein paar Jahre in Costa Rica und betreiben dort eine Firma.

Vorerst wollen Sie jedoch wieder in ihre Heimat nach Kanada zurück und sind deshalb im Westfalia-VW-Bus, der in Kanada recht beliebt ist, auf dem Heimweg.

Die andere junge, vierköpfige Familie ist auf dem Weg zum eigenen Grundstück auf der Baja, anschließend geht es nach Deutschland (sie stammt aus D) und dann wird durch Europa gereist. So lässt es sich leben!

Wir wollen weiter nach San Miguel de Allende.

Ein Abstecher führt uns vorher auf holprigem Kopfsteinpflaster zum geografischen Zentrum Mexikos – auf den 2.700 m hohen Berg Cerro El Cubilete.

Hier befindet sich die zweithöchste Christus-Statue der Welt – das Monumento a Cristo Rey mit 16 m Höhe.

Beim Durchfahren der Stichstraße beäugen uns die Bewohner der Dörfer etwas skeptisch. Unser freundliches Winken zaubert ein Lächeln auf ihre Gesichter und lässt sie fast überschwänglich zurückwinken.

Für die etwa 100 km von Guanajuato nach San Miguel de Allende brauchen wir rund zwei Stunden.

Während die Stadt Dolores Hidalgo (Schrei von Dolores) die Wiege der Unabhängigkeit genannt wird, gilt San Miguel de Allende als die Schmiede der Unabhängigkeit.

Die berühmtesten Söhne der Stadt sind allesamt Nationalhelden – Allende, Aldama und Pipila.

Die Stadt wurde 1542 von einem Franziskaner-Mönch als San Miguel el Grande gegründet und 1826 zu Ehren von Ignacio Allende in San Miguel de Allende umbenannt.

Die strategische Lage auf dem Silberweg, der von den Minen in Zacatecas und Guanajuato nach Mexiko Stadt führte, förderte einen raschen Aufschwung.

Heutzutage sorgt die renommierte Kunstakademie für bekannte Künstler und junge Studierende aus aller Welt, die sich in der Pueblo Mágico (Magischer Ort) zusammenfinden.

Seit 1926 steht die Innenstadt unter Denkmalschutz und die ummauerte Stadt wurde 2008 zum UNESCO Weltkulturerbe erklärt.

Viele junge Leute besuchen San Miguel wegen der international bekannten Sprachschulen und kunstinteressierte Langzeitbesucher, vorzugsweise aus Kanada und USA, belegen während der angenehmen Wintermonate die zahlreichen künstlerischen und handwerklichen Kurse.

Um sich der interessanten Lebensart und besonderen Atmosphäre dieser Stadt zu nähern, bedarf es etwas Zeit.

San Miguel verfügt über unzählige schöne Kirchen (Iglesia de San Francisco, Oratorio de San Felipe Neri, Iglesia de Nuestra Señora de la Salud, Iglesia de la Concepción), wobei das mit Abstand prominenteste Gotteshaus die aus rosarotem Stein erschaffene Parroquia de San Miguel im Stadtzentrum ist.

Wir »wohnen« auf dem erst drei Jahre alten, stadtnahen Weber RV Park, dessen etwa 12 Stellplätze im Winter hauptsächlich durch Stammgäste aus Kanada und USA belegt sind.

Der Gründer der Familie Weber, der deutsche Wurzeln hatte, kam 1963 aus USA nach San Miguel und erhielt bald eine Anstellung als Kunstlehrer am Instituto Allende. Das Gelände der Hacienda, auf der der RV Park angelegt ist, wurde 1968 erworben.

Zusammen mit der Mutter kümmern sich heute die Söhne Walter und Hans um die Appartements, den RV Park und die Tennisplätze. Ein richtiger Familienbetrieb!

Freundlich werden wir aufgenommen, viele anregende Gespräche ergeben sich mit den Besitzern und unseren Camping-Nachbarn.

Wir erhalten nützliche Informationen über die zahlreichen Angebote und Veranstaltungen der Stadt. Die Tage vergehen wie im Flug!

Der Besuch des großen Wochenmarkts (dienstags gegenüber Soriana) ist ein Erlebnis für sich.

Unter einem riesigen Sonnendach, das aus abgespannten Abdeckplanen zusammengestückelt ist, verkaufen die Händler allerlei Waren, ob gebraucht oder neu.

Wir haben manchmal den Eindruck, auf einem Flohmarkt zu sein.

Unsere »Mitbewohner« Anne & Jerry, die wir zufällig dort treffen, erzählen von der Polizei-Razzia am Vormittag, die bei mehreren Händlern stattgefunden hat und deren Stände wegen dem Handel mit Raubkopien (Filme, Musik) geschlossen wurden.

Im dem etwas »nobleren« Mercado de Artesanias interessieren wir uns für zwei handgeknüpfte Teppiche aus der weiter südlich gelegenen Stadt Oaxaca.

Wir handeln wie damals in den Suqs von Marrakesch, denn überhöhte Touristenpreise möchten wir auch hier in Mexiko nicht bezahlen.

Die Verkäuferin wird zum Schluss schon leicht reserviert, lässt sich schließlich aber auf den von uns genannten Preis ein.

Im Teppichgeschäft lernen wir ein nettes Paar aus USA kennen, das hier Urlaub macht und einen großen Teppich für sein Haus kauft.

Am nächsten Tag treffen wir die beiden im Jardín Botánico wieder.

Der Jardín Botánico ist auf einem weiterläufigen Gelände mit See und natürlichem Canyon angelegt und dient hauptsächlich dem Schutz von regionalen und lokalen Pflanzenarten.

Für den interessierten Besucher ist der Jardín Botánico täglich von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang geöffnet.

Hier kann man in die sehenswerte Welt von hunderten Kakteenarten und Sukkulenten eintauchen. Ein Streifzug, der sich lohnt!

Es ist Ostern und die christliche Prozession am Karfreitag ist nicht nur Höhepunkt der Osterfeierlichkeiten, sondern des gesamten kirchlichen Jahres.

Mit Ausnahme der römischen Legionäre tragen alle erwachsenen Prozessionsteilnehmer schwarze Kleidung.

Die Männer schwarze Anzüge, weiße Handschuhe und violette Schärpen, die Frauen weiße Handschuhe und schwarze Schleier.

Verschiedene Heiligenfiguren und der Sarg mit dem Leichnam von Jesus Christus werden auf dem langen Prozessionsweg von Frauen und Männern getragen.

Kleine Mädchen in weißen Kleidern mit violetten Schärpen streuen Rosenblätter, die sie in Körben tragen.

Die römischen Centurionen wirken durch die beeindruckenden Rüstungen sehr authentisch.

Als wir nach drei Stunden wieder zu Hause sind, steht ein roter Truck mit deutschem Kennzeichen auf dem Platz.

Maria und Carsten, die mit ihrem Mercedes in Südamerika gestartet sind, bleiben ein paar Tage hier.

So haben wir genügend Zeit uns auszutauschen.

Wir geben Tipps für USA und Kanada weiter und freuen uns über viele Informationen von Mittel- und Südamerika.

Samstags gibt es ein Abschiedsfest, da drei Nachbarn in ein paar Tagen die Heimreise in den Norden antreten.

Beim Fest lernen wir Martin aus Deutschland kennen, der seit einigen Jahren in Kanada lebt, mit seiner Firma Martinus Studio Schmuck herstellt und im herrlichen British Columbia auch Kurse zur Schmuckherstellung gibt.

Wie es der Zufall will, belegt Bärbel beim Instituto Allende gerade einen Schmuckkurs und so gibt ihr Martin viele professionelle Tipps zur richtigen Verarbeitung.

Eines Nachmittags ist dann auch das »heilige« Bordwerkzeug nicht mehr sicher und unter der Regie von Martin wird unser Campingtisch zur Schmuckwerkstatt, mit Schraubstock, Schlüsselfeilen, Zangen, Säge und Schmirgelpapier.

Bilder vom Schmuck sind in der Fotogalerie Bärbels Schmuck zu sehen.

Bilder

„Ein Mann muß immer streben,
unabhängig in sich dazustehen.“
(Wilhelm von Humboldt, 1767-1835)
Topolobampo, Mazatlán, Guadalajara, Zacatecas

Am Morgen des 16. September 1810 ruft der Gelehrte und Landpfarrer Miguel Hidalgo y Costilla seine Gemeinde in der Dorfkirche von Dolores zusammen und zum Aufstand gegen die spanische Kolonialherrschaft auf.

Als Grito de Dolores (Schrei von Dolores) dringt die Botschaft durch das ganze Land und löst den langen, blutigen Unabhängigkeitskrieg gegen die Spanier aus, der erst mit der mexikanischen Unabhängigkeit am 24.08.1821 beendet sein wird.

Der Schrei von Dolores hat sich tief in die mexikanische Volksseele gebrannt. In der Nacht zum Nationalfeiertag (16. September) erschallt er als Ritual noch heute im ganzen Land.

Auf unserer weiteren Reise werden wir im mexikanischen Hochland noch häufiger auf die Spuren von Miguel Hidalgo und seiner Mitstreiter Ignacio de Allende, Juan Aldama etc. treffen.

Am Morgen des 16. Februar 2009, also knapp 200 Jahre später, sind wir auf dem Weg nach Pichilingue zur Baja Ferry.

In etwa 6 Stunden soll uns die California Star auf das mexikanische Festland bringen.

Traumhaftes Wetter und spiegelglattes, türkisfarbenes Wasser nehmen uns jeglichen Gedanken an einen hohen Seegang, von dem andere Reisende zu berichten hatten.

Auch das Be- und Entladen der Fähre erfolgt, entgegen anderer Berichte, überraschend organisiert. Vom Fähranleger in Topolobampo (Los Mochis) fahren wir die Küste des Festlands entlang in Richtung Süden.

Es ist Karnevalszeit und wir möchten den berühmten Umzug in Mazatlán nicht versäumen, der nach Rio de Janeiro und New Orleans der drittgrößte Karnevalsumzug der Welt ist.

Die wichtige Hafenstadt liegt einige Kilometer südlich vom Wendekreis des Krebses und damit in den Tropen, direkt gegenüber der Südspitze der Baja California.

Unser »Basislager« für Karnevalsumzug und Stadtbesichtigung ist der California Trailer Park. Zum Malecón (Uferpromenade) sind es 2-3 Gehminuten und der Karnevalsumzug führt vom Malecón direkt am Trailer Park vorbei.

Schon Stunden vor dem Umzug sehen wir mexikanische Familien und kundige Touristen mit mitgebrachten oder frisch gekauften Stühlen ihren Platz am mehrere Kilometer langen Malecón reservieren.

Von großen Haufen verteilen Händler für schnelles Geld die begehrten Holzklappstühle, Musikgruppen fangen an zu spielen, Menschen tanzen vor den Bühnen und die ersten Stände verkaufen Essen oder eisgekühltes Bier.

Wir befinden uns inmitten einer gigantischen Party, deren Höhepunkt in 4-5 Stunden der Karnevalsumzug am Abend sein wird.

Blinkende Polizeifahrzeuge führen das Spektakel an und die lokale Schickeria folgt in teuren Sportwagen.

Dahinter reihen sich die bunt geschmückten und beleuchteten Karnevalswagen von verschiedenen Städten, Bundesstaaten und Firmen.

Auch nach dem Umzug geht die Party weiter und die Stadt kommt in der Nacht kaum zur Ruhe.

Nach den Karnevalstagen schauen wir uns die Sehenwürdigkeiten der Stadt an, und besuchen zuerst das Acuario Mazatlán, eines der größten Aquarien in Mexiko.

Pulmonia nennt man die etwa 400 offenen Taxis, von denen uns eines zum El Faro bringt und deren bekanntes Motorengeräusch die Plattform eines umgebauten VW-Käfers verrät, der hier Vocho (sprich: Botscho) heißt.

157 m liegt El Faro über dem Meeresspiegel und ist damit nach Gibraltar der zweithöchst gelegene Leuchtturm der Welt. Der grandiose Ausblick auf Mazatlán und dessen lange Sandstrände entschädigt für den beschwerlichen Aufstieg.

Ein luftiges Pulmonia bringt uns zum beschaulichen Plazuela Machado in der Altstadt, zu Fuß gehen wir weiter zum Zócalo (zentraler Platz der Stadt), besichtigen die Kirche und schlendern durch den Mercado (Markthalle), der uns an die Suqs in Marokko erinnert.

An unserem letzten Abend lernen wir noch die sympathische Verena kennen, die ursprünglich aus Deutschland stammt und in dem von uns so geschätzten Victoria lebt.

Früh morgens geht es los, denn wir wollen die rund 500 km und 1.600 Höhenmeter bis Guadalajara an einem Fahrtag bewältigen. Auf der verkehrsarmen Cuota (Autobahn) kommen wir bei gemütlicher Fahrt gut voran. Lange Steigungen und Außentemperaturen von teilweise über 35° C, zwingen so manchen PKW zur Erholungspause mit geöffneter Motorhaube.

Guadalajara (gegr. 1542) ist die Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco und zweitgrößte Stadt Mexikos. Lt. Wikipedia hat sie etwa 1.6 Mio. Einwohner, die Metropolregion knapp 4.1 Mio.

Am 22. April 1992 ereignete sich in Guadalajara ein mysteriöses Unglück, bei dem ganze Straßenzüge aufgerissen, mehr als 200 Menschen getötet und 15.000 Einwohner obdachlos wurden.

Der Trailer Park San Jose del Tajo befindet sich auf einem ehemaligen Landgut. Hier wollen wir ein paar Tage bleiben, einige Dinge erledigen und das historische Stadtzentrum besichtigen.

Bei einem Spaziergang lernen wir einen älteren Mexikaner kennen, der sich mit uns in relativ gutem Deutsch unterhält. Er hat Mitte der Siebziger für 1.5 Jahre in Deutschland gearbeitet und seither die deutsche Sprache kaum noch praktiziert. Rund 35 Jahre sind inzwischen vergangen! Wir sind absolut beeindruckt!

Ein Freund der Besitzerfamilie der Hazienda kommt vorbei und erzählt von seinen BMW & Mercedes aus den 70ern, die er gerade wieder aufbaut. Wir erfahren mehr über die Hazienda, die Besitzerfamilie und über Guadalajara, seine Heimatstadt.

Von der nahegelegen Bushaltestelle bringt uns eine etwas ruppige Busfahrt in 45 Minuten ins historische Zentrum der Innenstadt.

Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten liegen nah beieinander und können zu Fuß erkundet werden.

Das Wahrzeichen der Stadt ist die eindrucksvolle Kathedrale, die von vier großen rechteckigen Plätzen umgeben ist und deren Turmspitzen aus gelben Kacheln bestehen. Der reichlich verzierte und mächtige Innenraum ist ebenfalls sehr beeindruckend.

Auf dem langen Plaza de la Liberación, einem der vier Plätze, sehen wir die Statue von Hidalgo, wie sie mit zerrissener Kette in Händen das Ende der Sklaverei in Mexiko symbolisiert.

In der Kirche San Augustin verweilen wir bei einer Trauung, schlendern durch die Fußgängerzone Plaza Tapatía, beobachten die Menschen und gehen in einige der Ladengeschäfte.

Ein Abstecher führt uns zum größten Marktgebäude in Mexiko, dem Mercado Libertad. Hier werden alle erdenklichen Produkte (Elektronik, Kleidung, Lederwaren etc.) angeboten und sein Hungergefühl kann man an einem der vielen Stände mit mexikanischer Volksküche beruhigen.

Guadalajara entpuppt sich als geschäftige und moderne Großstadt, die auch inmitten von Europa stehen könnte. Wir haben hier kaum den Eindruck, in Mexiko zu sein.

Über die Periferico (Umgehungsstraße) fahren wir in den Norden der Stadt und von dort auf die Überlandstraße #54, die uns in das 300 km entfernte und 2.500 m hoch gelegene Zacatecas bringt.

Die Strecke ist landschaftlich interessant, aber nicht nachhaltig beeindruckend.

Das Hotel del Bosque, an dem wir übernachten, ist gut ausgeschildert und leicht zu finden. Wir sind gerade noch beim Einparken, als wir in dem uns vertrauten, süddeutschen Dialekt gefragt werden, was denn Heilbronner hier machen.

Es ist der sympathische Uwe aus dem Raum Stuttgart, der mit seiner Familie hier in Mexiko lebt und dessen Firma in der neuen Festhalle des Hotels die Eingangsüberdachung und die repräsentative Innentreppe aus Edelstahl fertigt.

So sehen wir uns jeden Tag, haben viel zu erzählen und Uwe beantwortet gerne unsere tausend Fragen zu Mexiko.

Durch Uwe lernen wir den Eigentümer der Hotelkette Hoteles del Bosque und dessen Schwester kennen, die sich für unser Fahrzeug interessiert und eine kurze Führung bekommt.

Die 1546 gegründete Silberminenstadt Zacatecas gilt als eine der schönsten Städte Mexikos und als Kleinod spanischer Kolonialarchitektur.

Sie ist die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaats, seit 1993 Weltkulturerbe und liegt glücklicherweise etwas abseits der bekannten Touristenrouten.

Aus einem engen Talkessel dehnt sich die Stadt auch entlang der Berghänge aus, die die kostbaren Edelmetalle in sich bergen.

Von der Talstation der Teleférico am Cerro del Grillo (Hügel der Grillen), die direkt neben dem Hotel del Bosque liegt, steigen wir einige Stufen abwärts und folgen den steilen gepflasterten Gassen bergab zur Innenstadt, in deren Zentrum sich die herrliche Kathedrale befindet.

Eine überwältigende Üppigkeit von Ornamenten und Figuren zieren die Fassade des im mexikanischen Churriguerismus gehaltenen Kirchengebäudes, das im Jahre 1862 in den Status einer Kathedrale erhoben wurde.

Verglichen mit der Pracht der Fassade ist der Innenraum fast enttäuschend schlicht, da der Kirchenschatz während des Reformkrieges abhanden kam.

Nördlich der Kathedrale schließt sich der kahle Plaza de Armas an, dessen Ostseite durch den Regierungspalast Palacio de Gobierno begrenzt wird.

Unsere Erkundungstour bringt uns auf der Calle Hidalgo nach Norden und unter den Stahlseilen der Teleférico hindurch zum Museo Rafael Coronel, welches sich in einem ehemaligen Franziskanerkloster aus dem 16. Jh. befindet.

Hier sind 2.700 Masken aus der Sammlung des Künstlers Rafael Coronel untergebracht, der insgesamt 11.000 Masken besessen haben soll. Zu den Exponaten gehören auch prähispanische Keramiken aus Mexiko und einige historische Musikinstrumente.

Unser Rückweg führt uns an der Bäckerei beim hübschen Brunnen vorbei. Schnell lernt die nette Verkäuferin, dass die unbekannten Bleichgesichter, die jetzt öfters kommen, Brötchen und Süßspeisen gerne getrennt verpackt hätten.

Nach einem Abstecher zum Mercado González Ortega geht es an der Kirche Santo Domingo vorbei, bergauf durch die Calle Aquiles Serdán, am Schulgebäude rechts und dann die steilen, gepflasterten Gassen hoch zu unserem Fahrzeug.

Deutscher Wagenheber rettet mexikanische Großbaustelle! Am nächsten Morgen leiht sich Uwe unseren Wagenheber.

Ein Teil der Edelstahltreppe muss angehoben werden, damit die zwei Treppenteile zum Anbringen einer Schweißnaht näher zueinander finden.

Das klappt bestens und nachmittags, als wir aus der Stadt zurückkommen, ist schon alles erledigt.

Das Museo Francisco Goitia ist in einem ehemaligen Gouverneurspalast untergebracht und stellt Werke von Künstlern aus Zacatecas aus.

Darunter die der Brüder Coronel und natürlich die des Namensgebers Francisco Goitia.

Durch den angrenzenden Parque Enrique Estrada, dessen Brunnen von Musik gesteuert wird, gelangen wir zum imposanten Acueducto del Cubo, der die Stadt bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts mit Trinkwasser versorgt hat.

Gleich daneben befindet sich das luxuriöse 5-Sterne-Hotel Quinta Real, dessen organische Integration in die Tribüne der alten Stierkampfarena San Pedro als architektonische Meisterleistung bezeichnet werden kann.

Hinter dem Hospital befindet sich der Haupteingang der Mina El Edén, einer der ergiebigsten Minen von Zacatecas, die in ihrer Blütezeit im 17. und 18. Jh. ein »Global Player« am Weltmarkt war.

Von etwa 1586 bis 1960 wurden hier riesige Mengen der wertvollen Edelmetalle Silber und Gold gefördert, daneben auch Zink, Kupfer, Eisen und Blei.

Mit der Grubenbahn holpern wir in wenigen Minuten durch den niedrigen Stollen La Esperanza (die Hoffung) ca. 600 m in den Berg.

Wir setzen unsere gelben, grubenlampenlosen Grubenhelme auf und besuchen zur Einstimmung das Bergmuseum, welches eine einzigartige Sammlung von Steinen und Mineralien aus vielen Teilen der Welt präsentiert.

Gleich nach dem Museum passieren wir die berühmte Minen-Diskothek El Malacate, in der von Donnerstag bis Sonntag der Berg rockt.

Bei der weiteren Führung blicken wir auf unterirdische Seen, wir sehen die Arbeitsgeräte der Bergleute, lauschen alten Legenden und werden auch über die einst schlechten Arbeitsbedingungen der meist indigenen Minenarbeiter aufgeklärt.

Mangels Aufzeichnungen ist nicht bekannt, wie viele Menschen hier gestorben sind. Ein Menschenleben war nichts wert, denn draußen warteten tausend andere auf Arbeit.

Ein Aufzug bringt uns zum Stollen El Grillo, über den wir die Mine am Nebenausgang beim Hotel Del Bosque verlassen.

Das sehenswerte Museo Zacatecana beschäftigt sich mit der Kunst des Ureinwohnerstammes der Huicholes, die sehr zurückgezogen in der Sierra Madre Occidental im mexikanischen Hochland als Bergbauern leben.

Bunte Garnbilder, traditionelle Kleidungsstücke, mit Perlen ausgelegte Votivschalen und Fotografien erlauben dem Besucher einen kleinen Einblick in das Leben der Huicholes.

Mit der Teleférico, der 30 Jahre alten Schweizer Seilbahn, schweben wir zusammen mit Uwe über den Dächern von Zacatecas der Bergstation des Cerro de la Bufa entgegen.

Auf der 650 m langen Strecke ergeben sich sensationelle Ausblicke auf Zacatecas, die bekannten Sehenswürdigkeiten und die nähere Umgebung.

Von der Bahnstation gehen wir noch etwas bergauf zur schönen Kapelle Capilla de la Virgen de Patrocinio, von wo wir ebenfalls eine grandiose Aussicht auf Zacatecas haben.

Im Juni 1914 fand am Cerro de la Bufa eine wichtige Schlacht der mexikanischen Revolution statt, bei der der Revolutionär Francisco »Pancho« Villa über die Regierungstruppen siegreich war.

Im Museo de la Toma de Zacatecas (neben der Kapelle) werden Fotos, Dokumente, Zeitungsausschnitte und Militärgegenstände (Kanonen, Gewehre etc.) aus jener Zeit ausgestellt.

Auf dem befestigten Fußweg sind wir relativ schnell vom Berg in der Stadt, gehen noch bei unserem Stammbäcker vorbei und stärken uns mit den mitgebrachten Leckereien.

Später machen wir uns noch einmal auf den Weg in die Stadt, um Zacatecas auch bei Nacht zu erleben.

Uwe und seine beiden Mitarbeiter geben uns am nächsten Tag eine Einführung in die musikalischen Volkshelden Mexikos.

Den Zettel mit der Namensliste hüten wir wie einen Schatz und gehen damit erst einmal CDs kaufen.

Abends lädt die Musikakademie der Universität Zacatecas zu einer kostenlosen Veranstaltung ins Teatro Calderón, was wir uns nicht entgehen lassen wollen. Präsentiert wird Musik und Tanz. Genauer: Flamenco. Eine kurzweilige und interessante Vorstellung.

Über Aguascalientes wollen wir am nächsten Tag weiter nach Guanajuato.

Da auch Uwe von der Baustelle aus nach Aguascalientes fährt, hängen wir uns einfach dran, damit wir leichter um die für LKWs gesperrte Stadt finden.

So lernen wir auch seine Familie kennen, die ihn nach Aguascalientes begleitet.

Es kommt wie es kommen muss und die für LKW erlaubte Umgehungsstraße ist wegen einer Radsportveranstaltung komplett gesperrt.

Polizei regelt den Verkehr und die Umleitung führt geradewegs in die Stadt.

Während der vorausfahrende Uwe den Verkehrspolizisten passiert, erwirkt er durchs offene Fenster eine (fern)mündliche Erlaubnis des Kreuzungschefs, dass wir trotz LKW-Verbot mitten durch die verbotene Stadt fahren dürfen. So geht das in Mexiko.

Danke Uwe! Viva México!

Bilder

„Armes Mexiko: So weit entfernt von Gott
und so dicht bei der USA.“
(Porfirio Diaz, 1830-1915)
Mexicali, Ensenada, Mulegé, La Paz, Playa el Tecolote

Die Baja California (Nieder Kalifornien) ist eine schmale, trockene Halbinsel, die sich ab Kalifornien auf einer Länge von ca. 1.300 km nach Süden entlang des mexikanischen Festlands erstreckt.

Im Westen donnern die Wellen des Pazifik an die Küste, während im Osten der ruhigere »Golfo de California« die wüstenartige Baja California vom mexikanischen Festland trennt.

Der nordamerikanische Einfluss auf die mexikanische Halbinsel ist deutlich zu spüren und der Süden kann durchaus als »Mallorca der Nordamerikaner« bezeichnet werden. Auch tausende von »Snowbirds«, wie die Wohnmobile der Nordamerikaner genannt werden, ziehen im Herbst zur Überwinterung an die sonnenverwöhnten Strände der Baja (sprich: Bacha).

Mexicali wird unser Grenzübergang nach Mexiko, da dieser vom Salton Sea über den Highway 111 schnell zu erreichen ist.

Die Ausreise aus USA und die Einreise nach Mexiko gestalten sich angenehm einfach. Die Beamten sind korrekt, hilfsbereit und sehr zuvorkommend.

Details zum Grenzübertritt sind unter Grenzübergänge beschrieben.

Nachdem die Grenzformalitäten erledigt sind, durchqueren wir Mexicali (ca. 750.000 Einwohner) einmal komplett von Osten nach Westen, um zur Autobahn MEX2 zu gelangen.

Dabei hinterlässt das relativ nordamerikanisch wirkende Mexicali einen sauberen und geschäftigen Eindruck.

Westwärts geht es auf der MEX2 entlang der US-Grenze durch die bergige Wüste in das 120 km entfernte Tecate.

Ein unscheinbares Verkehrsschild kündigt unsere erste Militärkontrolle an. Wir wechseln auf die linke Fahrspur und fahren langsam an den rechts stauenden LKW vorbei.

Es erwartet uns eine Szenerie, wie aus einem Kriegsfilm. Hinter aufgetürmten Sandsäcken ist jeweils ein Maschinengewehr aufgebaut, das mit einem Mann besetzt ist. Dazwischen Soldaten, die Fahrzeuge kontrollieren. Immer nur ein Fahrzeug wird zum Kontrollbereich vorgelassen.

Ein merkwürdiges Gefühl direkt vor einem schussbereiten Maschinengewehr anhalten zu müssen.

Wir werden aufgefordert den Wohnaufbau zu öffnen. Einer der jungen Soldaten folgt in unser »Wohnzimmer«, klopft einmal mit der Hand gegen die Decke und einmal unter der Sitzgruppe ans Technikfach. Das war es! Was er genau damit kontrolliert hat erschließt sich uns nicht.

In Tecate biegen wir in die hügelige MEX3 ein, die nach knapp 100 Kilometern etwas nördlich der Hafenstadt Ensenada in die MEX1 mündet. Gerade als die Sonne über dem Pazifik untergeht, erreichen wir die Küste und damit das heutige Tagesziel.

Unsere auf »Grenzübertrittsniveau« reduzierten Lebensmittelvorräte wollen wir am nächsten Morgen bei Wal Mart in Ensenada wieder auffüllen. Es ist das letzte große Einkaufszentrum vor der langen Strecke nach La Paz.

Wal Mart, Home Depot und C&A sind bei unserem Eintreffen jedoch weiträumig abgesperrt.

Die Parkplätze sind leer, Menschen sitzen außerhalb des abgesperrten Bereichs und viele Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Bombenkommando dominieren blinkend das Geschehen.

Als wir nachmittags zurückkehren, scheint sich die Lage beruhigt zu haben.

Die Parkplätze sind wieder voll, Menschen gehen einkaufen und nur noch wenige Einsatzfahrzeuge der Sicherheitskräfte sind Vorort. Darunter ist auch eines dieser charakteristischen Einsatzfahrzeuge, in dem eine Bombe explodieren kann, ohne großen Schaden anzurichten.

Wir schnappen uns einen Einkaufswagen und starten unseren zweiten Einkaufsversuch.

Genau zwei Artikel liegen im Wagen, als ein Alarm ertönt. Alle Kunden strömen zu den Ausgängen und wir freuen uns, endlich mehr Platz zum Einkaufen zu haben.

Nein, Scherz … Auch wir gehen zügig raus und fahren umgehend vom Gelände, bevor uns die Wal Mart Produkte samt Gebäude um die Ohren fliegen.

Neuer Tag, neuer Einkaufswagen!

Heute lauscht ein Ohr immer auf den Alarm und ein Auge scannt pausenlos das Verhalten der anderen Kunden. Aber alles bleibt normal und uns gelingt beim dritten Anlauf endlich ein erfolgreicher Lebensmitteleinkauf bei unserem ersten Wal Mart in Mexiko. Bombastisch!

Mit frisch gezapftem Diesel (0.40 EUR pro Liter) in randvollen Tanks geht es auf der MEX1 nach Süden.

Die MEX1 ist die ca. 1.700 km lange Lebensader der Baja California, deren fast endloses Asphaltband sich vom berüchtigten Grenzort Tijuana bis an das südliche Ende der Halbinsel nach Cabo San Lucas zieht.

Im Zickzackkurs führt sie mehrfach von Küste zu Küste und aderförmig zweigen Nebenstraßen in entlegene Regionen ab.

Überproportional viele Kreuze und Gedenksteine am Straßenrand mahnen uns, hier noch defensiver und aufmerksamer zu fahren, als wir dies ohnehin schon tun. Verantwortungslos gefährliches Überholen, das wir mehrfach beobachten, scheint eine der Ursachen für die vielen Verkehrstoten zu sein.

Wir erreichen den Parque Natural Del Desierto Central, in dem auf etlichen Kilometern riesige Felsbrocken zwischen hohen Kakteen ein bizarres, aber schönes Landschaftsbild formen!

Unterschiedlichste Kakteenarten begleiten uns ohnehin die meiste Zeit auf der Baja.

Kurz nach dem Park zweigt auch schon die MEX 12 zur Bahia de los Angeles an die Golfküste ab.

Auf der neuen Straße, die jetzt auch Stromleitungen in die entlegene Region bringt, können wir die knapp 70 km in einer Stunde gut bewältigen.

Mit ihren hübschen, vorgelagerten Inseln lädt uns die ruhige Bucht ein paar Tage zum Bleiben und zu ausgedehnten Strandspaziergängen ein, bevor es weiter nach Guerrero Negro geht.

Kurz vor Guerrero Negro befindet sich die Grenze der beiden mexikanischen Staaten Baja California (BC) und Baja California Sur (BCS).

Ab hier gilt eine andere Zeitzone, eine Fruchtkontrolle findet statt und die Räder werden für einen US-Dollar desinfiziert.

Dass nur die linke Seite der Desinfektionsanlage funktioniert, stört keinen. Aber unsere Kartoffeln stören, die müssen wir abgeben. Wir wünschen einen guten Appetit!

Etwa 8 km südlich von Guerrero Negro biegt rechts eine etwa 27 km lange Piste ab, die zur Laguna Ojo de Liebre führt.

Auf vielleicht halber Strecke notiert ein Wachposten das Kennzeichen und die Personenzahl.

Auf relativ guter Piste steuern wir zwischen scheinbar endlosen Salzflächen hindurch, die zur Salzgewinnung genutzt werden.

Unser heutiges Ziel ist ein sehr weitläufiger Campingplatz entlang der Lagune Ojo de Liebre, in der man Grauwale beobachten kann.

Schon aus dem Fahrzeug erblicken wir die mächtigen Tiere, die hier im Schutz der warmen Lagune ihre Jungen zur Welt bringen.

Durch den hohen Salzgehalt entsteht mehr Auftrieb, so dass es die Jungtiere bei den ersten Schwimmversuchen etwas leichter haben.

Es ist unglaublich:

In einer der längsten Säugetierwanderungen der Erde wandern die Wale von Alaska bis hier in die Lagune – etwa 8.000 km!

Sobald die Jungtiere kräftig genug sind, ziehen die Grauwale wieder nach Norden.

Auf unserem weiteren Weg besichtigen wir in der beschaulichen Oase San Ignacio die gut erhaltene Missionskirche an der Plaza.

Laut Reiseführer wurde die Kirche von Jesuiten begonnen und von Dominikanern fertiggestellt. Die Pfeiler der Fassade sind aus Vulkangestein.

Vorbei an Dattelplantagen geht es zurück zur MEX1, der wir über Santa Rosalia nach Mulegé folgen.

Hier treffen wir auf dem mit Palmen bewachsenen Campground »Villa Maria Isabel Recreational Park« (WiFi!) auf Susanne und Ari, die ihren Urlaub auf der Baja und mit uns einen netten Abend verbringen.

Südlich von Mulegé passieren wir die Bahia Concepcion, deren schöne Sandstrände eigentlich ein paar Tage zum Campen einladen würden.

Wir wollen jedoch weiter in den Süden der Insel, den wir über Loreto, La Paz und Todos Santos ansteuern.

Dabei überqueren wir den Wendekreis des Krebses und befinden uns jetzt in den Tropen.

Cabo San Lucas ist sehr auf Urlaubstouristen ausgerichtet.

Obwohl wir solche Orte gerne meiden, wollten wir uns das Urlaubsparadies der Nordamerikaner dann doch ansehen.

In diesem Jahr sollen 80% weniger Nordamerikaner hierher gekommen sein.

Schon unterwegs hatten wir nur wenige nordamerikanische Wohnmobile gesehen und die begehrten und ansonsten überfüllten Stellplätze fast leer vorgefunden.

Einerseits lassen die aktuellen Auswirkungen der Finanzkrise die Renten der meist aktiengebundenen Altervorsorge der US-Amerikaner drastisch schrumpfen, andererseits schreckt der mexikanische Drogenkrieg viele Urlauber ab.

Während wir Strand und Promenade in Cabo San Lucas entlang schlendern, werden wir ständig angesprochen, ob wir nicht Schmuck oder Andenken kaufen möchten, ein Wassertaxi benötigen oder im Restaurant essen wollen.

Man kann es den Verkäufern nicht verübeln, wenn sie sich zur Existenzsicherung auf die wenigen verbleibenden Touristen stürzen, obwohl es uns mit der Zeit dann doch etwas nervt.

Von Christine und Hans aus Österreich, die mit ihrem Wohnmobil neben uns stehen, bekommen wir einige interessante Tipps für das mexikanische Festland.

Schließlich fahren wir über San Jose del Cabo und Los Barriles in einer Art Rundkurs wieder zurück nach La Paz, der Hauptstadt von BCS.

In La Paz treffen wir Bine und Olli aus Deutschland, die quasi zeitgleich eine ähnliche Route fahren und mit denen wir dann zusammen am Strand von El Tecolote (25 km nördlich von La Paz) stehen.

El Tecolote ist ein kleines Paradies mit langem, breitem Sandstrand, türkisfarbenem Wasser und sensationellen Sonnenuntergängen.

Hier sehen wir auch die beiden Schweizer Maja und Hans wieder, die wir vor fast sechs Monaten in Whitehorse (Kanada) kennengelernt haben.

Jeden Wochentag mahnt uns die vorbeifahrende Baja Fähre, endlich mit aufs mexikanische Festland nach Topolobampo (Los Mochis) zu kommen.

Zwei Wochen hat sie das erfolglos getan. Es wird langsam Zeit, dem Ruf der Fähre zu folgen.

Bilder

„Die wunderbare Lampe des Himmels,
die Sonne.“
(Robert Herrick, 1591-1674)
Las Vegas, Death Valley, Salton Sea

Las Vegas ist prominentes Beispiel, was man mit wertvollem Wasser in der Wüste so alles anstellen kann. Man betreibt Wasserfälle, Seenlandschaften und bewässert die Grünanlagen der Golfplätze.

Gerne zeigt man, dass man sich diese Verschwendung auch leisten kann!

In unmittelbarer Nachbarschaft kämpft der leidtragende Lake Mead gegen das Austrocknen.

Er ist nicht nur Naherholungsgebiet und Speicher für das Wasserkraftwerk am Hoover-Damm, sondern gleichzeitig ein gigantisches Trinkwasser-Reservoir.

Wissenschaftler rechnen mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit, dass der Lake Mead bis 2021 ausgetrocknet sein wird.

Seit unserem letzten Besuch ist der Wasserstand um rund 30 m gefallen!

Ein erschreckender Anblick!

In Las Vegas macht man sich derweil keine Gedanken, wie Wasser gespart werden kann. Man denkt lieber über eine Pipeline nach, um Wasser aus dem Norden heranzuschaffen.

Wir übernachten am Circus Circus, so dass wir es nur ein paar Meter zum Las Vegas Blvd haben.

Wie an einer Perlenschnur reihen sich hier die bekannten Hotels entlang des sogenannten Strip auf.

Las Vegas wirkt relativ leer. Wir sehen die neuen Hotels Wynn und Encore, denen das bekannte Desert Inn weichen musste und genau gegenüber eine riesige Baustelle.

Relativ eindrucksvoll ist das Venetian Resort Hotel, in dem venezianische Sehenswürdigkeiten nachgebildet sind, einschließlich des Canal Grande, in dem Gondeln fahren.

Hier lassen wir uns etwas Zeit und schlendern über Rialtobrücke und Markusplatz.

Richtige »Las Vegas-Stimmung« kommt diesmal bei uns nicht auf und so verabschieden wir uns bereits am nächsten Tag in die entlegenen Wüstenregionen des Death Valley, wo wir ein paar Tage bleiben werden.

Mit fabelhaftem Wetter und in grandioser Landschaft fühlen wir uns im »Tal des Todes« absolut lebendig.

Bei einem unserer Ausflüge zu den Sanddünen bei Stovepipe Wells Village stoppen wir an einer Parkbucht, um Landschaftsaufnahmen zu machen.

Zwei PKWs rasen heran und halten unmittelbar vor uns, obwohl wir schon ziemlich vorne in der ansonsten leeren Parkbucht stehen.

Drei Personen springen aus den Fahrzeugen: Ein Ranger in Uniform, ein Mann und eine Frau.

Der Ranger ist von unserem Fahrzeug absolut begeistert und stellt sich zwischen seinen vielen Fragen als Chef vom Death Valley NP vor.

Während wir ihm alles erklären, haben die beiden anderen ihre Ausrüstung aufgebaut und fotografieren und filmen.

Der Fotograf bewegt sich ständig um uns herum, fotografiert unser Gespräch aus allen möglichen und unmöglichen Perspektiven. Man kommt sich vor wie ein Star! Die Frau fotografiert und filmt die Personen und hauptsächlich unser Fahrzeug – auch von unten! Genau: Getriebe, Kardanwelle usw.

Beim Tauschen der Visitenkarten wird dann klar, was hier geht! Brian ist Fotojournalist der Los Angeles Times und J.T. – der Parkchef – ist der Star!

Als einziger Nationalpark-Chef hat er sich öffentlich gegen Bestrebungen der Bush-Administration aufgelehnt, die Mission des National Park Service zu ändern.

Schneemobile und ATVs sollten in den National Parks erlaubt werden. Das wäre das Ende des Naturschutzes!

Ein Artikel in der VANITYFAIR klärt uns über die Zusammenhänge auf.

Wir fahren weiter nach Süden zum Joshua Tree NP. Im Park wachsen nicht nur die Joshua Trees (Yucca Palmlilie), sondern es gehen hier auch zwei unterschiedliche Wüstentypen ineinander über.

In den Höhenlagen des Nordwestens befindet sich die feuchtere Mojave-Wüste mit den Joshua Trees und im Südosten die Colorado-Wüste, in der Kakteen wachsen.

Von hier geht es zum Salton Sea nördlich von Niland, wo wir uns mit Maria und Otto treffen wollen, die wir in Lillooet (Kanada) kennengelernt haben.

Der Salton Sea ist 1905 durch einen Dammbruch des Colorado River entstanden, der die Senke des Imperial Valley gefüllt hat. Der salzhaltige Salton Sea liegt mehr als 60 m unterhalb des Meeresspiegels und ist abflusslos.

Hier vergehen die Tage viel zu schnell und wir vier haben uns viel zu erzählen und Wissenswertes auszutauschen.

Schließlich fahren wir zum Einkaufen nach La Quinta, welches ca. 70 km nördlich bei Palm Desert liegt.

Obwohl es erst seit gestern etwas regnet, ist der Highway 111 an mehreren Stellen leicht überflutet.

In der Stadt stehen ganze Strassen unter Wasser und manche sind sogar gesperrt. Bei La Quinta bleiben wir ein paar Tage am Lake Cahuilla, bis wir unsere Einkaufsliste abgearbeitet haben.

Bis zu unserer Einreise nach Mexiko wollen wir wieder zum Salton Sea und von dort dann direkt zur Grenze nach Mexicali.

Bei einem Ausflug nach Niland besuchen wir den Salvation Mountain, der hier vom liebenswerten Künstler Leonard Knight seit fast 25 Jahren gebaut wird.

Angeblich wurden bis jetzt geschätzte 380.000 Liter Farbe verstrichen! Daraus entstand ein buntes Kunstwerk mitten in der kargen Wüste!

Auch diesmal vergeht die Zeit viel zu schnell und wir müssen unsere Vorbereitungen für die Weiterreise endlich abschließen.

Zum Schluss bekommt Gecko noch einen Alemania Schriftzug an die Front, damit man uns gleich als Deutsche unter den Gringos erkennt.

Glücklicherweise hatte Otto noch einen übrig und uns diesen geschenkt. Das spart uns die Suche nach einer entsprechenden Firma.

Noch einmal herzlichen Dank!

Wir verabschieden uns und machen uns auf den Weg zur Grenze!

Bye-bye USA! Hola Mexico!

Bilder

„Schmutziges Wasser wird wieder klar,
wenn man es stehen läßt.“
(Laotse, 6. oder 4.-3. Jh. v. Chr.)
Salt Lake City, Arches NP, Monument Valley, Bryce Canyon

Salt Lake City ist nicht nur die Hauptstadt des Staates Utah, sondern auch Hauptsitz der Kirche »Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage«, deren Anhänger umgangssprachlich auch Mormonen genannt werden.

Indem ihr Anführer Brigham Young die Worte »This is the place!« sprach, gründete er quasi die Stadt und legte so die Grundlage für den Staat Utah, der erst später entstanden ist.

Das ausgedehnte Stadtgebiet liegt im Salt Lake Valley und ist von zwei Gebirgsketten umgeben, in denen alle Arten von Wintersport betrieben werden. Deshalb war Salt Lake City 2002 Austragungsort der olympischen Winterspiele.

In Salt Lake City (SLC) werden wir uns etwas länger aufhalten, da die Wasserpumpe undicht ist, die neue Pumpe per Kurierdienst aus Deutschland kommt und wir diese in SLC gleich einbauen lassen.

Dank der perfekten Organisation der Firma TeMaCo treffen die bestellten Ersatzteile auch innerhalb weniger Tage per Fedex ein.

Mit Mietwagen und neuer Wasserpumpe düsen wir zu der von MAN genannten Werkstatt »Lake City International Trucks«.

Die trauen sich die Reparatur eines europäischen LKW jedoch nicht zu und geben uns einen Zettel mit der Adresse von Freightliner, die zum Daimler-Konzern gehören.

An der angegebenen Adresse stehen aber nur Wohnhäuser. Klasse!

Mangels greifbarer Alternativen entscheiden wir uns für Plan B!

Auf unserer Route gibt es einen KFZ-Meister, der viele Jahre in Deutschland gearbeitet hat. Es sind zwar noch 400 km bis zu seiner Werkstatt, aber so weit wird die Wasserpumpe schon noch halten!

Wir rufen an, um einen Termin zu vereinbaren. Der KFZ-Meister baut jedoch gerade ein Haus und hat bis zum Frühjahr keine Zeit – keinen einzigen Tag! Wie bitte!? Wir sind hier doch im falschen Film!?

Mittels Internetrecherche finden wir, neben der korrekten Adresse von Freightliner, die Adresse einer kleinen Landrover-Werkstatt. Wer Landrover repariert, baut auch eine Wasserpumpe in einen MAN ein!

Mit dem Mietwagen fahren wir zur Landrover-Werkstatt, da uns ein persönlicher Kontakt zielführender als ein »anonymer« Anruf erscheint.

Bill macht nur wenige Reparaturen, da er hauptsächlich Landrover Ersatzteile verkauft. Er würde uns die Wasserpumpe auch gerne einbauen, aber sein Hallentor ist 40 cm zu niedrig!

Hilfsbereit ruft er seinen Bekannten Clark an, der die Reparatur telefonisch zusagt!

Wir fahren direkt zu dessen Werkstatt, um einen Termin zu vereinbaren und die Details zu klären. Hier werden von 3-4 Mechanikern Landrover, Porsche, BMW, Audi und alle US-Fabrikate repariert.

Auch an Unimogs wurde schon gearbeitet und so hat man keinerlei Berührungsängste mit einem deutschen LKW!

Am nächsten Morgen stehen wir pünktlich um 7:30 Uhr in der Halle.

Wir lassen die Wasserpumpe tauschen und den Haltearm der Hydraulikpumpe zum Kippen des Fahrerhauses schweißen/verstärken.

Der Mechaniker Ryan, der früher in einer LKW-Werkstatt gearbeitet hat, arbeitet absolut sorgfältig, umsichtig und gewissenhaft.

Deshalb machen wir hier auch gleich den großen Service und lassen noch vorsorglich den Radialwellendichtring am Kardanflansch der Vorderachse ersetzen, da dieser zeitweise etwas undicht war.

Alles zusammen kostet weniger als in Deutschland nur der große Service gekostet hätte. Die Adresse ist bei unseren Werkstatt-Adressen zu finden!

Natürlich sind wir auch in SLC unterwegs, sehen uns die Stadt an, machen Besorgungen und besichtigen den Temple Square (Tempelplatz).

Hier bekommen wir eine kostenlose Führung, die von zwei jungen, netten »Schwestern«, einer Schweizerin und einer Engländerin, durchgeführt wird.

Während der durchaus interessanten Führung entdecken wir sehr deutliche Elemente einer Marketingveranstaltung, deren Werbeeinblendungen uns aber nicht sonderlich stören.

Den Tempel selbst darf man nicht betreten, aber die beeindruckende Vorführung der Akustik des Tabernakels ist schon die Führung wert.

Abschließend dürfen wir eine Beurteilungskarte ausfüllen, die auch ein Adressfeld besitzt.

Wir lassen es leer, da wir nicht zu Hause sind, um den vermutlich erscheinenden Besuch gebührend zu empfangen.

Nun geht es weiter zum Arches Nationalpark, dem Park mit den imposanten Steinbögen.

Bei unserem ersten Besuch im Jahr 1996 hatten wir nur ein paar Stunden, um die mit dem PKW schnell erreichbaren Aussichtspunkte zu erkunden.

Jetzt nehmen wir uns gut zwei Tage und übernachten auf dem sehr schönen Campground im Park, der um diese Jahreszeit schon relativ leer ist.

Das Übernachten im Park hat etwas Besonderes, da wir Sonnenaufgang und Sonnenuntergang in dieser herrlichen Umgebung hautnah miterleben.

Und die klaren, kalten Nächte eröffnen den Blick auf einen unbeschreiblich weiten Sternenhimmel.

Auf einer unserer Wanderungen passieren wir auch den Wall-Arch, der erst vor wenigen Wochen eingestürzt ist.

Glücklicherweise geschah dies nachts, denn der Wanderweg ging direkt darunter durch!

Wir besuchen den Dead Horse Point State Park, in dem wir auf dem ebenfalls sehr ruhigen Campground übernachten.

In State Parks wird der Eintrittspreis meist auf die Campground-Gebühren angerechnet, so dass man für ein paar Dollar mehr auf den schönsten Plätzen inmitten einer traumhaften Natur stehen kann.

Hier sogar mit Stromanschluss, Grill und überdachter Sitzgelegenheit mit abschließbarem Schrank!

In unmittelbarer Nachbarschaft liegt der Canyonlands National Park, in dem wir zwei kurze Wanderungen unternehmen und uns ansonsten auf die Viewpoints (Aussichtspunkte) beschränken.

Wir wollen weiter zum Monument Valley, dem Inbegriff des Wilden Westens.

Unterwegs besuchen wir das Natural Bridges National Monument.

Hier gibt es einige natürliche Bridges (Brücken), die im Gegensatz zu den Arches (Bögen) relativ gerade sind und deren Durchbruch durch Flüsse und Bäche entstanden ist, die auf diese Weise ihren ursprünglichen Lauf abkürzten.

Wir fahren südlich zum Valley of the Gods, dem Tal der Götter.

Plötzlich wird die geteerte Landstraße zur Schotterstrecke, die sich kurz danach in teils engen Serpentinen steil nach unten ins tiefe Tal windet.

Auf den drei Meilen sind nur 5 MPH (8 km/h) erlaubt.

Von Marokko sind wir solche Strecken gewohnt und können so die schwindelerregende Aussicht in das tiefe Tal trotzdem genießen.

Im Tal zweigen wir in den 17 Meilen langen Schotterweg ab, der durch das Valley of the Gods führt.

Die roten Felsformationen im Tal der Götter sind schon eine kleine Einstimmung auf das Monument Valley.

Danach machen wir noch einen kurzen Abstecher zum Gooseneck State Park und sind vom Blick auf den mäandrierenden San Juan River absolut begeistert.

Vorbei am Mexican Hat geht es nun direkt zum Monument Valley, in das Gebiet der Navajo Indianer.

Eine freundliche Navajo kassiert das Eintrittsgeld und lässt uns passieren!

Andere Reisende mussten diskutieren, bevor sie mit dem LKW auf die »Dirt Road« gelassen wurden.

Glück gehabt!

Die Piste ist seit unserer letzten Fahrt durch das Monument Valley nicht besser geworden.

Am Anfang ist sie recht unangenehm, später auf Sand wird es besser.

Mit dem eigenen Reisemobil durch eine der großartigsten Kulissen der bekannten Western-Klassiker zu fahren, das hat was!

So genießen wir jede Minute bei der Fahrt durch diese eindrucksvolle Landschaft!

Zum Sonnenuntergang sind wir am Beginn der Piste zurück und Blicken von hier oben hinunter auf die wunderschönen roten Tafelberge.

Am nächsten Tag geht es nach Page zum Lower Antelope Canyon, der zwischen Kohlekraftwerk und Stadt rechts an der Straße liegt.

Die Führung beginnt an einer unscheinbaren Holzhütte und erscheint mit USD 26 pro Person vergleichsweise teuer.

Durch einen schmalen Spalt im Fels steigen wir hinab in die bizarre Welt dieses Canyons und sind erstaunt, wie die Natur immer wieder etwas derart Schönes und Einzigartiges zu Stande bringt.

Unser Führer hat seine Gitarre dabei, um auch die gute Akustik des engen Canyons zu demonstrieren.

Mit dem eher ruhigen Navajo entwickelt sich dann doch noch ein nettes Gespräch, als wir seine angespielten Stücke von Led Zeppelin und Eric Clapton erkennen und selbst einen Musikwunsch äußern, den er bedienen kann.

Die Besichtigung dieses Naturwunders war uns jeden Cent wert!

Rund 30 Meilen nach Page in Richtung Kanab zweigt rechts die Cottonwood Canyon Road ab, die direkt zum Kodachrome Basin führt, welches südöstlich neben dem Bryce Canyon liegt.

Die Cottonwood Road ist eine etwa 60 km lange, landschaftlich sehr attraktive Piste, die aber nur bei Trockenheit und mit Allradantrieb befahren werden soll.

Den Highway kürzt man erheblich ab, Fahrzeit dürfte man jedoch kaum sparen.

Der Straßenzustand kann in einem Visitor Center ein paar Meilen vorher auf der linken Seite der #89 erfragt werden.

Während der fast dreistündigen Fahrt treffen wir nur ein Fahrzeug.

Wir halten an, um den silberfarbenen Jeep vorbeizulassen.

Der stoppt neben uns, der Beifahrer öffnet die Seitenscheibe und meint: »Hallo! Tolle Strecke! Wo wollt ihr hin?«

Es ist kaum zu glauben! Im tiefsten Utah, wo sich kaum Einheimische hinverirren, trifft man deutsche Urlauber!

Im Bryce Canyon übernachten wir auf dem im Park gelegenen Campingplatz.

Von hier sind wir in ein paar Minuten zu Fuß direkt am Rand des Canyons, ohne das Fahrzeug bewegen zu müssen.

Wir wollen im Licht von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang fotografieren und eine Wanderung hinunter in den Canyon unternehmen.

Es dämmert gerade, als wir nach dem Frühstück um 7:15 Uhr losgehen.

Die Temperatur entspricht in etwa der Uhrzeit, allerdings unter dem Gefrierpunkt!

Es gibt aber noch mehr Verrückte, die schon um diese Zeit aus dem warmen Wohnmobil steigen oder tief gefrorenen aus dem Zelt kriechen.

Einige Zeltbewohner wärmen sich schon am Lagerfeuer.

Am Rand des Canyons herrscht bereits reger Betrieb. Nahezu jeder hat Kamera und Stativ dabei.

Wir sehen auch Paare, die mit zwei Stativen und zwei Kameras unterwegs sind, was beinahe etwas übertrieben wirkt.

Für einen kurzen Moment ist man fast geneigt, die Fotografierenden zu fotografieren.

Sobald das sanfte Licht der aufgehenden Morgensonne die grazilen Steinformationen erleuchten lässt, sind der frühe Wecker und die eisige Kälte auf 2.400 m fast vergessen.

Hier treffen wir auch Siegrid und Gerhard wieder, die wir zuletzt im Norden Kanadas gesehen haben und die uns anschließend an unserem Platz besuchen.

Tags darauf machen wir bei herrlichem Wetter eine sehr schöne Wanderung durch den beeindruckenden Bryce Canyon mit seinen roten und weißen Felsformationen.

Von einem Amerikaner erfahren wir, dass in zwei Tagen das Wetter umschlagen wird und ein Sturm reichlich Schnee bringen soll.

Da verabschieden wir uns lieber in tiefere und schneefreie Regionen – in die Wüste nach Nevada!

Im Valley of Fire machen wir noch einen Zwischenstopp und wollen anschließend in das Spielerparadies Las Vegas.

Bilder

„Es ist das Vorrecht des Schönen,
daß es nicht nützlich zu sein braucht.
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832)
Whistler, Vancouver Island, Victoria, Yellowstone NP

Die landschaftlich sehr attraktive »Duffey Lake Road«, wie die #99 ab Lillooet genannt wird, führt uns an den bildschön gelegenen Seen »Seton Lake« und »Duffey Lake« über Pemberton nach Whistler.

Kanadas bekanntes Wintersportgebiet um Whistler ist 2010 Austragungsort der Olympischen Spiele.

Die herausgeputzte und aufgeräumte Innenstadt lässt sich gut mit Oberstdorf vergleichen.

Von Whistler bis Vancouver wird die #99 »Sea to Sky Highway« genannt und für die Olympischen Spiele massiv ausgebaut, was endlose Baustellen mit sich bringt.

Etwas nördlich von Vancouver liegt der Ort Horseshoe Bay, von dem wir die Fähre nach Nanaimo auf Vancouver Island nehmen.

Von Nanaimo folgen wir dem TCH (Trans Canada Highway), den wir ja schon fast vermisst haben, bis in den Süden nach Victoria, der Hauptstadt von British Columbia.

Wir übernachten auf dem relativ teueren West Bay Marina Campground, aber der Preis lohnt sich! Unser Stellplatz ist direkt am Wasser auf der Landzunge an der großen Hafeneinfahrt gegenüber der Innenstadt von Victoria.

Im Hafen herrscht den ganzen Tag ein reges Treiben. Eine Fähre kommt herein, ein Wasserflugzeug steht zum Start bereit, ein anderes landet gerade und dazwischen Ausflugsboote und die kleinen Wassertaxis, die mehrmals am Tag direkt an uns vorbeituckern.

Die dröhnenden Motoren der vor uns startenden und über uns hinweg landenden Wasserflugzeuge stören uns nicht. Im Gegenteil! Die Starts und Landungen sind immer wieder spannend anzusehen.

Sobald es dunkel ist kehrt absolute Ruhe ein und die Lichter der Stadt lassen uns auf ein einzigartiges Panorama blicken!

Die unterschwellige Botschaft der lautstarken Motoren verfehlt ihr Ziel nicht. Bärbel möchte einen Rundflug mit dem Wasserflugzeug machen!

Davon erzählt sie im folgenden Abschnitt selbst:

Schon das Boarding ist eine neue Erfahrung. Über einen schwimmenden Holzsteg werden wir zum Flugzeug gebracht, wo sich unser Pilot Bryan vorstellt.

Mit Hilfe von Bryan klettern wir in den engen Innenraum der schaukelnden Maschine und es wird mir der Kopilotensitz zugeteilt.

Die beiden andern Fluggäste sitzen hinten.

Wir erhalten noch letzte Anweisungen und Erklärungen für den Notfall.

Nun sollen wir die Gurte schließen, die Headsets zur besseren Verständigung aufsetzen und unser Pilot wünscht uns einen angenehmen und guten Flug.

Der Motor der einmotorigen Beaver startet und wir verlassen den Anlegesteg als »Schiff« und schaukeln mit den Wellen langsam zwischen Wasserflugzeugen, Ausflugsbooten und Fährschiffen zur »Startbahn«.

Jetzt wird mir doch etwas mulmig, aber es bleibt keine Zeit zum Nachdenken. Die Maschine erhält Starterlaubnis und innerhalb weniger Sekunden erreichen wir Schnellbootgeschwindigkeit.

Wir brausen über die Wasseroberfläche, rechts und links peitscht die Gischt an die Fenster und die Nase hebt sich leicht nach oben.

Es ist laut, ruckelt, wackelt, riecht nach Treibstoff und schon heben wir ab. Wir steigen in einer steilen Linkskurve und erreichen nach kurzer Zeit unsere Flughöhe.

Aus der Vogelperspektive hat man einen unbeschreiblichen Ausblick auf die Küstenlinie von Vancouver Island, das Stadtgebiet von Viktoria, die Strasse von Juan-de-Fuca und die hohen, schneebedeckten Olympic Mountains im Nachbarstaat USA.

Weiter fliegen wir über kleine Inseln, den Buchart Garden und das Villenviertel von Viktoria.

Zurück geht es über grüne Wälder, blaue Seen und viel zu schnell erreichen wir wieder die Hafenbucht von Viktoria.

Die Maschine geht in den Sinkflug, überraschend flott berühren die Kufen die Wasseroberfläche und es erfolgt eine kaum merkbare Landung.

Erneut peitscht die Gischt an die Fenster, doch wir werden zunehmend langsamer und schwimmen vom Hafenbecken zu unserem Anlegeplatz.
Ein unvergessliches Erlebnis!

*****

Wir gehen einkaufen, bummeln durch die Stadt, besuchen das lehrreiche »Royal British Columbia Museum« und fahren auf dem Scenic Marine Drive der Küste entlang durch die besseren Wohngegenden.

Dabei stoppen wir auch am »Mile 0« Schild im Beacon Hill Park, dem offiziellen Beginn des Trans Canada Highway, dem wir seit Halifax schon oft gefolgt sind. Das Schild bereitet uns auch auf den bevorstehenden Abschied von Kanada vor.

Wir entscheiden uns direkt von Victoria mit der internationalen Fähre nach Port Angeles in die USA einzureisen. Durch diese Änderung fallen leider die Besichtigung von Vancouver und der Besuch von Bekannten im Okanagon Valley – die wir in Marokko kennengelernt haben – aus.

Natürlich wollen wir auch mehr von Vancouver Island sehen und fahren deshalb nach Norden zurück.

Die Attraktion von Duncan sind die in der Stadt aufgestellten 80 Totempfähle und für uns ein deutscher Bäcker. Hier wird uns erklärt, dass ab sechs Stück desselben Kuchens die Steuer entfällt, das sei Gesetz! Ah ja!?

Entweder ist die Verkäuferin besonders geschäftstüchtig oder es gibt tatsächlich Steuergesetze, die wir nicht verstehen müssen.

In Chemainus hat man viele Fassaden mit großflächigen Wandbildern bemalt, den sogenannten Murals.

Hier treffen wir einen aus Asien stammenden Musiker, der vor 30 Jahren einige Zeit in Hamburg im Hotel »Europäischer Hof« gearbeitet hat und seither in Kanada lebt.

In Duncan, also einen Ort vorher, haben wir schon einen Deutschen aus Schweinfurt getroffen, der auch schon viele Jahre in Kanada lebt und über unser deutsches Nummernschild sichtlich erstaunt war.

Bei Coombs besuchen wir den bekannten Bauernmarkt mit einer Ziegenweide auf dem Dach und fahren weiter bis Port Alberni.

Wir wollen uns in der Nähe den Regenwald anschauen und gehen auf ausgewiesenen Trails durch diese mystisch wirkende Welt.

Auf dem Rückweg nach Victoria bringen uns kurze Wanderungen zu den Wasserfällen im Qualicum Falls PP und im Englishman River Falls PP.

Zum Abschluss besichtigen wir im Westen Victorias noch die Festung »Fort Rodd Hill«, welche bis in die 50er Jahre militärisch genutzt wurde.

Gleich daneben befindet sich der Leuchtturm Fisgard Lighthouse, der seit 1860 in Betrieb ist.

An der Einfahrt zum Fähranleger der M.V. COHO wird die bei der Online-Buchung angegebene Fahrzeuglänge überprüft. Wir zahlen die Passage und dürfen uns in der rechten Fahrzeugschlange anstellen.

Es ist 8:15 Uhr, der US-Zoll kommt ab 9:00 zum Fahrzeug und die Fähre legt um 10:30 Uhr ab. Die Besonderheit ist, dass der US-Zoll auf kanadischem Boden abfertigt.

Der US-Beamte stellt die üblichen Fragen in der Kurzversion und wirft von der untersten Treppenstufe einen flüchtigen Blick in den Aufbau.

Im Büro füllen wir das bekannte grüne Einreiseformular aus, lassen erneut die Fingerabdrücke der Zeigefinger scannen und uns mit der Webcam fotografieren. Obwohl wir diese Prozedur schon einmal hinter uns gebracht haben, ist sie ein zweites Mal erforderlich.

Die Beamtin scherzt, es ist lustig und locker und wir bekommen ohne eine weitere Frage wieder die vollen 90 Tage Aufenthaltserlaubnis. Weitere Info unter Grenzübergänge.

In der »Juan-de-Fuca-Straße« wird die Fähre auf beiden Seiten von einem bewaffneten Schnellboot der US-Küstenwache eskortiert.

Dann taucht kurzzeitig noch ein Hubschrauber der Küstenwache auf. Es ist wie im Film! An der Hafeneinfahrt von Port Angeles drehen die Schnellboote dann ab.

Uns wird ganz mulmig! Ob wir die letzten Meter bis zum Anleger so ganz ohne bewaffneten Begleitschutz noch schaffen!? Glücklicherweise passiert aber nichts und wir können die gefährdete Fähre unbeschadet verlassen.

An der Ausfahrt aus dem Hafengelände findet noch eine kurze Passkontrolle statt. Wir sind in den USA!

Wir besuchen den »Olympic National Park« mit dem über 2400 m hohen Mount Olympus, dem höchsten Gipfel der Olympic Mountains.

Eine kurze Wanderung führt uns zu dem 1913 fertig gestellten »Elwha Dam«, der noch immer der Stromgewinnung dient.

Die Wettervorhersage für den etwa 1.500 km entfernten Yellowstone National Park prognostiziert ab Mitte nächster Woche eine stabile Schönwetterperiode. Darauf haben wir gewartet!

Wir folgen deshalb nicht der Pazifikküste nach Süden durch Oregon/Kalifornien, sondern fahren ins Landesinnere durch Idaho, Montana nach Osten zum Yellowstone NP. Von Wyoming soll es dann über Idaho nach Süden Richtung Salt Lake City in Utah gehen.

Um die »Olympic Peninsula« (Olympic-Halbinsel) nach Osten zu verlassen, nehmen wir von Kingston nach Edmonds die Fähre durch den Puget Sound.

Dann geht es geradewegs durch Seattle auf die I90 , der wir die nächsten 1.100 km über Spokane und Missoula bis nach Bozeman folgen.

In der Nacht hat es leicht geschneit und wir fahren die rund 150 km von Bozeman zum Parkeingang West Yellowstone durch eine wunderschöne »pudergezuckerte« Landschaft.

Der Yellowstone NP wurde 1872 unter Naturschutz gestellt und ist somit der älteste National Park in den USA.

Er ist in den Rocky Mountains gelegen und man bewegt sich durchschnittlich auf einer Höhe von 2000-2500 m. Jetzt im Oktober wird es mit –10°C nachts schon knackig kalt.

Der Park liegt zu großen Teilen in der Caldera des Yellowstone Vulkans, dem wohl bekanntesten Supervulkan unseres Planeten.

Aus diesem Grund gibt es im Park eine große Menge von heißen Quellen, Geysiren und Schlammtöpfen. Überall blubbert, brodelt, zischt und dampft es.

Es ist im wahrsten Sinne ein Tanz auf dem Vulkan, denn für die Geologen ist ein Ausbruch des Vulkans überfällig. Natürlich in geologischen Dimensionen gerechnet!

Wir sehen Bisons, Weißkopfadler, Schwarzwild und Kojoten aus nächster Nähe.

Die teils unwirkliche Landschaft, die tintenblauen Flüsse, die bunten Farben an den Geysiren/Quellen und die unterschiedlichsten Erscheinungsformen der vulkanischen Aktivität begeistern uns so, dass der Yellowstone NP in unserer persönlichen Hitliste schnell einen der vorderen Plätze einnimmt.

Wir lassen lieber Bilder sprechen und habe eine eigene Fotogalerie für den Yellowstone National Park angelegt

Weiter geht es zum Grand Teton NP, der sich am südlichen Ausgang des Yellowstone NP anschließt.

Durch den Park verläuft die zu den Rocky Mountains gehörende Teton Range, eine Bergekette, deren höchster Berg »Grand Teton« fast 4.200 m hoch ist.

Durch endlos weite Prärien machen wir einen Abstecher durch Idaho zum Craters of the Moon National Monument.

Dabei handelt es sich um eine vulkanische Landschaft mit breiten Lavaströmen, einigen Vulkankegeln und interessanten Höhlen.

Danach geht es Richtung Süden nach Utah zum Great Salt Lake, dem großen Salzsee.

Auf der größten Insel im Salzsee befindet sich der Antilope Island State Park, den wir über eine lange Dammstraße erreichen.

Bei herrlichem Wetter mit Temperaturen um die 20°C übernachten wir auf dem schön gelegenen und sehr ruhigen Campground mit Blick auf den See.

Es ist kaum Betrieb und das nächste Fahrzeug steht vielleicht 100 m von uns entfernt.

Abends werden wir mit traumhaften Sonnenuntergängen belohnt, morgens durch das Geheul eines Kojoten geweckt.

Beim Frühstück sind freilaufende Bisons keinen Steinwurf vom Fahrzeug entfernt.

Wir erreichen Salt Lake City, die Hauptstadt der Mormonen, wo sie sich nach beschwerlicher Reise einst niedergelassen haben, um diese Stadt zu gründen.

Bilder

„Das einzig Gefährliche am Fliegen ist die Erde.“
(Wilbur Wright, 1867-1912)
Yukon, Alaska, British Colombia

Im August 1896 entdecken George Washington Carmack, Tagish (Dawson) Charlie und Skookum Jim im Bachlauf des »Bonanza Creek« Gold und lösen damit am Klondike River den bisher größten Goldrausch der Geschichte aus.

Wegen der Abgelegenheit der Gegend gelangt die Kunde vom Goldfund erst im Juli 1897 mit Raddampfern nach Seattle und San Francisco.
Insgesamt machen sich 100.000 Glücksritter aus aller Welt auf den Weg nach Dawson City, um am vermeintlich schnellen Reichtum teilzuhaben.

Es gibt mehrere Routen, um nach Dawson City zu gelangen. Ein Großteil der Goldsucher nimmt den Raddampfer nach Haines, Skagway oder Dyea in Alaska. Danach geht es zu Fuß über Pässe und mit selbstgebauten Booten auf dem Yukon die ca. 600 Meilen bis Dawson City.

Jeder Mann muss einen Jahresvorrat Lebensmittel und Werkzeuge von insgesamt fast einer Tonne mit sich führen. Dies wird an der Grenze von der kanadischen Polizei kontrolliert, um die Goldsucher vor dem ansonsten sicheren Tod zu bewahren.

Mit historischen Gebäuden an ungeteerten Straßen besitzt Dawson City heute noch den Charme einer alten Goldgräberstadt.

Die Goldminen nennt man jetzt Touristen und die Goldgräber sind die Betreiber von RV Parks und Souvenir-Shops. Wen wundert es da, dass der stets gut gefüllte RV Park in Dawson Downtown auch noch »Gold Rush« genannt wird.

Aber Dawson City hat was! Trotz des Tourismus fühlen wir uns hier im Norden ausgesprochen wohl.

Wir folgen den Abraumhalden des legendären »Bonanza Creek« zum »Dredge No. 4«, dem mit über 90 m Länge größten aus Holz gebauten Eimerkettenschwimmbagger der Welt. Mit ihm wurde bis in die sechziger Jahre Gold gewaschen.

Nach der ausgesprochen interessanten Führung fahren wir zum »Discovery Claim«, wo George Carmack 1896 erstmals Gold gefunden hat.

Der Bonanza Creek Road entlang gelangen wir schließlich zu »Claim #6«, auf dem jedermann kostenfrei sein Glück beim Goldwaschen versuchen kann.

Bei herrlichem Wetter relaxen wir ein paar Tage auf dem Yukon River Campground direkt am Yukon gegenüber von Dawson.

Hier führt uns ein Spaziergang ein paar hundert Meter flussabwärts zum »Sternwheeler Graveyard«, wo mehrere alte Raddampfer am Flussufer verrotten, die früher stolz den Yukon befahren haben.

Direkt am Campground beginnt auch der faszinierende »Top-of-the-World Highway«, der seinem Namen alle Ehre macht und uns bis zur Grenze nach Alaska begleitet.

Die Streckenführung entlang der Kammlinie bietet atemberaubende Blicke über weit entfernte Bergketten und in tief ausgeschnittene Täler.

Auch hier liegt der »Indian Summer« wie ein leuchtender bunter Teppich über der gebirgigen Landschaft, und die Fahrt verwöhnt uns mit grandiosen Panoramen.

Schon von Weitem sehen wir die einsam an der Straße gelegenen Gebäude – das ist die Grenze!

Wir beglückwünschen den netten US-Grenzbeamten zu diesem herrlichen Arbeitsort und sind mächtig gespannt, was nun kommt.

Über die Einreise in die USA haben wir schon viel Negatives gelesen. Wir zeigen die Pässe und werden befragt, wohin wir möchten. Das Fahrzeug sollen wir gleich links am Gebäude parken!

Zuerst lässt sich der Grenzbeamte den Aufbau des deutschen Nummernschilds erklären, denn er hat eines im Büro hängen.

Wir folgen ins Gebäude und sehen im Gang eine Sammlung von Polizeiabzeichen und das besagte deutsche Nummernschild aus SÜW über dem Tresen.

Während wir im Büro das grüne Einreiseformular ausfüllen, machen sich die Grenzer über unser Fahrzeug her! Nein, keine Kontrolle! Es ist persönliches Interesse am hier seltenen Fahrzeugtyp und den großen Reifen! Die ganze US-Einreise läuft sehr freundlich, schnell und zuvorkommend ab! Weitere Info unter Grenzübergänge.

Also liebe Leser, bringt den netten Grenzern am »Top-of-the-World Highway« ein KFZ-Kennzeichen aus eurem Heimatort mit. Polizeiabzeichen werden auch gesammelt!

Ab der Grenze heißt der bisherige »Top-of-the-World Highway« jetzt »Boundary Spur Road«, der wir über den Ort Chicken zum »Taylor Highway« folgen.

Die Straßennamen ändern sich, aber die herrliche Landschaft und die großartigen Panoramen bleiben uns auch in Alaska erhalten!

An der Kreuzung »Tetlin Junction« treffen wir auf einen alten Bekannten – den Alaska Highway. Links geht’s nach »Canada«, rechts nach »Tok«.

Zwischen hier und dem Ort Tok ist der Alaska Highway die einzige Straßenverbindung nach Norden!

Durch Tok muss jeder, der mit dem Fahrzeug in den Norden nach Alaska möchte. Tok ist eine typische Versorgungsstadt mit Tankstellen, Supermarkt und Übernachtungsmöglichkeit.

Diese Art von Stadt findet man meist an Kreuzungen von Verkehrswegen.

Wir bleiben auf dem Alaska Highway bis Delta Junction, wo dieser an der Einmündung in den Richardson Highway offiziell nach 2.288 km endet.

Für amerikanische Kinder lebt der Weihnachtsmann am Nordpol.

Kurz vor Fairbanks erreichen wir die Stadt »North Pole«, in der die an den Weihnachtsmann am Nordpol adressierte Kinderpost landet.

Im Santa Claus House werden diese Kinderbriefe beantwortet und das ganze Jahr Weihnachtsartikel verkauft! 365 Tage Weihnachten im Jahr, das gibt es nur hier!

Bei einem Abstecher von North Pole nach Chena Hot Springs, besuchen wir das dortige Eismuseum.

Am Eingang gibt es dicke Jacken, die einem während der 30 Minuten langen Führung trotz -20°C angenehm warm halten.

Im sehenswerten Museum ist nahezu alles aus Eis, sogar das Glas, in dem uns ein Martini serviert wird.

In Fairbanks besichtigen wir die Alaska Pipeline und informieren uns über den Aufbau, die Funktion und die technischen Details zu dieser außergewöhnlichen Ingenieurleistung.

Die Alaska Pipeline beginnt im Norden Alaskas an der Prudhoe Bay und führt über knapp 1.300 km in den Süden zum eisfreien Hafen nach Valdez.

Von Fairbanks gelangen wir auf dem Parks Highway zum Denali National Park, einem der schönsten National Parks in Alaska.

Im Denali Park ist auch der höchste Berg Nordamerikas zu finden, der Mount McKinley (6195 m).

Wir fahren so weit in den Park, wie es ohne Einschränkungen mit dem eigenen Fahrzeug erlaubt ist und übernachten dort auf dem schönen Savage River Campground.

So können wir den Rückweg am Morgen bei anderen Lichtverhältnissen erleben, sehen jedoch kaum Tiere.

Auf die lange Bustour (6-8 Std.), bei der man mit etwas Glück mehr Tiere sehen könnte, verzichten wir und fahren weiter Richtung Anchorage, denn wir wollen nach Seward.

Der Seward Highway folgt dabei dem Turnagain Arm, der den mit 11 m zweithöchsten Tidenhub in Nordamerika aufweist.

Als wir bei Ebbe entlangfahren, ist in dem breiten Fjord kaum Wasser zu sehen.

Mit schneebedeckten Bergen, Gletschern und Fjorden entspricht die Landschaft etwa dem Bild, das man üblicherweise mit Alaska verbindet.

Unterwegs machen wir einen kurzen Abstecher zum Gletschersee »Portage Lake« bei Whittier, wo jetzt im Spätsommer noch Eisschollen im Wasser treiben.

Es regnet und es ist kalt, so dass wir erst bei der Rückfahrt zur Gletscherzunge wandern wollen.

Auf schöner Strecke geht es weiter nach Seward, welches durch seine schöne Lage im Sommer viele Touristen anlockt.

Hier legen auch die Passagierschiffe ab, die in den Prince William Sound fahren. Wir bleiben nur eine Nacht, da es wieder regnet und es nicht besser werden soll.

Auch die aufgeschobene Wanderung zur Gletscherzunge fällt ins Wasser.

Auf dem Weg nach Valdez besuchen wir nördlich von Palmer eine Moschusochsen-Farm.

Die Farm hat sich zum Ziel gesetzt, diese wilden Tiere zu domestizieren, wobei dieser Prozess ca. 250 Jahre benötigen wird!

Aus der Unterwolle der Tiere fertigen Inuits in traditioneller Weise besonders weiche und wärmende Schals, Handschuhe und Mützen.

Valdez liegt, von schneebedeckten Bergen und Gletschern grandios umrahmt, an einem ganzjährig eisfreien Hafen.

Früher Ausgangspunkt für Goldsucher, heute Endpunkt der Alaska-Pipeline und 1989 durch das Tankerunglück der »Exxon Valdez« zu weltweiter »Berühmtheit« gelangt.

Im Jahre 1964 erlebte Valdez seine erste Katastrophe, als es von einem Erdbeben mit nachfolgendem Tsunami vollständig zerstört und ein paar Kilometer weiter neu aufgebaut wurde.

Beide Unglücke fanden am jeweiligen Karfreitag statt.

In Valdez beobachten wir Lachse, Robben auf Lachsfang und Möwen, die von den Robben einen Teil der Beute ergattern wollen.

Auch ein Schwarzbär ist gekommen, der sich aber durch uns beim Fischen gestört fühlt und nach ein paar Minuten ohne Mahlzeit wieder im Wald verschwindet.

Auf dem Weg in den Wald schnappt er sich noch schnell ein paar Beeren von einem Strauch.

Wenn schon kein Hauptgang, dann wenigstens ein Dessert!

Sehr interessant ist der Besuch des Valdez Museums, wo wir mehr Details über das Erdbeben, die Ölkatastrophe, den Bau der Alaska Pipeline und die Strapazen der Goldsucher erfahren.

Am Flughafen vorbei gelangen wir zu einem abgelegenen Gletschersee, in dem wir wieder große Eisschollen sehen.

Auch das alte Valdez wollen wir besichtigen und folgen der entsprechenden Beschilderung.

Hier beobachten wir eine Schwarzbärin mit zwei Jungen, die mit ihrem Nachwuchs zum nahegelegenen Bach will.

Da das Wetter unbeständig ist und die Vorhersage keine Besserung verspricht, machen wir Strecke und reisen über Tok und Beaver Creek wieder nach Kanada ein.

Die kanadische Grenze passieren wir problemlos.

Wir wollen nach Haines (Alaska) und von dort mit der Fähre durch die Fjorde nach Skagway (Alaska), um dann über den White Pass – wie die Goldsucher – wieder nach Kanada einzureisen.

Wer sich Alaska auf der Karte genauer ansieht, stellt fest, dass es nicht nur aus der Ecke ganz oben links besteht, sondern auch in einem schmalen Streifen der Küste entlang nach Süden verläuft, also zwischen Pazifik und Kanada.

Da es jedoch nur eine Straßenverbindung gibt, müssen wir auf dem Landweg von Alaska nach Alaska durch Kanada. Wir schaffen an einem Tag 760 km und zwei Staatsgrenzen, kommen aber erst bei Dämmerung in Haines an.

Schade, denn Haines ist für seine vielen Bären bekannt, die hier am Fluss Lachse fangen.

Trotz fortschreitender Dunkelheit sehen wir eine Bärin mit zwei Jungen Lachse fangen. Leider reicht das Licht nicht für Fotos.

Hier treffen wir auch unsere Bekannten Siegrid & Gerhard wieder, die ebenfalls auf dem Weg nach Südamerika sind und auch die Fähre nach Skagway nehmen.

Wir übernachten direkt am Fähranleger, da die Fähre, die nur alle 4 Tage geht, bereits um 7:15 ablegt, man 2 Stunden vorher da sein soll und wir noch keine Tickets haben.

Der Ticketschalter wird um 3:15 geöffnet. Wir aber »schlafen aus« und holen unsere Tickets erst um 4:50.

Beim Warten auf das Boarding sehen wir in der Morgendämmerung Weißkopf-Seeadler in den Bäumen über der Straße.

Die Fähre bahnt sich ihren Weg durch eine eindrucksvolle Fjordlandschaft und an Deck ist die eisige Kälte Alaskas zu spüren.

Nach etwa einer Stunde sind wir in Skagway und sparen uns so die weit über 500 km Landweg.

Skagway war Durchgangsstadt der Goldsucher, die mittels Raddampfer hier ankamen und über den White Pass weiter nach Dawson wollten.

Von der Nachbarstadt Dyea ging es über den kürzeren, aber steileren Chilkoot Pass Trail, bei dem aber keine Lasttiere zum Transport der 1000 kg schweren Vorräte eingesetzt werden konnten.

Auch wir fahren über den White Pass zur kanadischen Grenze.

Der kanadische Grenzbeamte bemüht sich sichtlich, immer neue, teils merkwürdige Fragen zu finden. Was wir alles so im Aufbau hätten? Er fragt nach Bärenspray und nach Fotokameras. Da wir die Kameras vorne griffbereit haben, sind sie plötzlich uninteressant.

Ob wir Geschenke für Kanadier dabei hätten? Ob wir Alkohol dabei haben (wir haben die erlaubte Menge)?

Dann fragt er, ob wir hinten aufmachen können. Ich öffne das Heckstaufach, was ihn aber kaum interessiert.

Die Einmalüberschuhe zum Betreten unseres »Wohnzimmers« zieht er bereitwillig an. Gerade als wir reingegangen sind, steht auch sein Kollege an der Tür. Der bekommt aber keine Einmalschuhe, so dass er nur von außen reinschauen darf.

Ich soll den Alkohol zeigen, aber er kontrolliert noch nicht einmal, ob im Flaschenfach noch weitere Flaschen sind.

Dafür begutachtet er Möbel, Bett und den Aufbau ausführlich. Er schaut auch in keinen Schrank oder in ein anderes Staufach.

Die wollten in den hier unüblichen Fahrzeugtyp einfach mal reinschauen! Die Grenzer gehen grinsend ums Fahrzeug und lassen uns passieren.

Von der Grenze fahren wir zum Alaska Highway, von dem wir kurz vor Watson Lake wieder auf den Cassiar Highway nach Süden abbiegen.

Wir wollen nach Stewart und von dort nach Hyder (Alaska), da man in Hyder oft Bären beobachten kann.

Diese landschaftlich attraktive Strecke führt uns durch Wälder, vorbei an Seen, direkt an mehrere Gletscher und zu vielen Wasserfällen in einem schmalen Canyon.

Auch hier sind die leuchtenden Farben des Indian Summer noch allgegenwärtig.

Da Hyder (Alaska) nur über Stewart (Kanada) erreicht werden kann, gibt es keinen US-Grenzposten. In Hyder sind an der Bärenbeobachtungsstelle keine Fische im »Fish Creek« und wir fragen uns, warum hier Leute mit schussbereiter Kamera stehen und auf Bären warten!?

Der darauf angesprochene Ranger meint humorvoll: Man braucht entweder viel Fisch oder viel Glück, um einen Bären zu sehen.

Genau! Deshalb kehren wir gleich wieder um und am kanadischen Grenzposten werden kurz die Pässe kontrolliert.

Heute übernachten wir auf einem hübschen Campground direkt am See.

Auf dem Yellowhead Highway fahren wir über Fraser Lake nach Prince George und dann über Williams Lake bis Clinton.

Unterwegs besuchen wir den »Fulton River Spawning Channel«, den größten von Menschenhand geschaffenen Laichkanal mit einer beeindruckenden Zahl von Tieren im Wasser.

Überall stehen Schilder, auf denen vor Bären gewarnt wird. Wen wundert es, bei so vielen Lachsen!

Ein Abstecher bringt uns in die alte Goldgräberstadt Barkerville, die während des Cariboo Goldrausches entstanden ist.

Die Gebäude dieser unbewohnten Stadt sind noch weitestgehend erhalten und werden für touristische Zwecke weiterhin gepflegt.

Kurz nach Clinton nehmen wir die schöne Landstraße Richtung Vancouver, die über Lillooet führt.

Hier gibt es einen deutschen Bäcker und einen idyllischen, kostenlosen Campground im Wald mit Wildbach (BC Hydro), auf dem wir 2-3 Tage stehen bleiben möchten.

An unserem »letzten Tag« rollen Maria & Otto und Nicole & Claus auf den Campingplatz, stellen sich in unsere Nähe und wir verstehen uns auf Anhieb gut.

Es gibt viel zu erzählen und am Lagerfeuer sind die Tage und Abende äußerst kurzweilig.

So stehen wir ein paar Nächte länger als geplant und der Abschied fällt so gar nicht leicht.

An der Landstraße biegen wir nach links Richtung Vancouver ab.

Mit noch kaltem Motor fahren wir langsam die Steigung hinauf und sehen Nicole & Claus im Rückspiegel nach rechts abbiegen!

Gute Weiterreise!

Nachblick: Nicole und Claus haben uns ihren »Nachblick« geschickt. Vielen Dank für das hübsche Foto! (letztes Bild in der Bildergalerie)

Bilder

„Die Gold suchen, graben viel Erde und finden wenig.“
(Heraklit von Ephesus, ca. 540-480 v. Chr.)
Die grandiose Traumstraße über den Artic Circle

20 Jahre Bauzeit für 734 km, davon 716 km ungeteerte Piste, 365 km ohne Ortschaft oder Tankstelle und einzige Straße Kanadas, die über den nördlichen Polarkreis führt!

Das sind die Attribute nur einer Traumstraße – des legendären Dempster Highway! Dempster Corner wird die »Ecke« 40 km östlich von Dawson City genannt, an der der Dempster Highway vom Klondike Highway abzweigt.

Dort befindet sich auch die Klondike River Lodge mit Tankstelle, Rasthaus, Motel und Stellplatz. Spätestens hier sollte man volltanken, denn die nächste Tankmöglichkeit ist im 365 km entfernten Eagle Plains – ein Ort mit acht Einwohnern.

Unser heutiges Etappenziel ist der »Tombstone Mountain Campground« bei Kilometer 71, der inmitten einer phantastischen Bergwelt auf etwas über 1.000 m Höhe im »Tombstone Territorial Park« liegt.

Dabei handelt es sich um einen regierungseigenen Campingplatz (Yukon), bei dem man sich selbst auf der formularähnlichen Außenseite eines Umschlags registrieren muss (Datum, Name, Kennzeichen, Platznummer etc.).

In den Umschlag stecken wir die Übernachtungsgebühr von 12 CAD (ca. 8 EUR), kleben ihn zu und werfen ihn in einen stabilen »Briefkasten«. Ein vorher abgetrennter Abschnitt dient als Quittung, die auch als »Besetzt«-Zeichen am vorher ausgewählten Platz angebracht wird.

Hier machen wir eine kurze Wanderung und genießen am Abend unser kleines Lagerfeuer, dessen Brennholz im Übernachtungspreis eingeschlossen ist.

Den höchsten Punkt des Dempster Highway, den »North Fork Pass Summit« (1289 m), erreichen wir 10 km hinter dem »Tombstone Mountain Campground« und werden mit einer atemberaubenden Fernsicht belohnt.

Der Dempster führt uns Kilometer um Kilometer durch eine farbenprächtige Tundra, vorbei an leuchtenden Bergen, zu idyllisch gelegenen Seen und an malerischen Flussläufen entlang.

Der »Indian Summer« hält schon Einzug, bei dem sich Büsche, Sträucher, Gräser und Bäume in ein farbenprächtiges Konzert aus strahlendem Gelb, leuchtendem Orange, nuancenreichem Rot und rostigem Braun verwandeln.

Dazwischen grüne Bäume, braune, graue oder rosafarbene Berge, blaue Seen und »rostige« Flüsse, die stark nach Schwefel riechen.

Hier hat die Natur ihr Bestes gegeben und ein optisches Meisterwerk der Extraklasse geschaffen.

Ein 360° Panorama-Film, bei dem der Zuschauer durch eine grandiose Kulisse »schwebt«, während sich diese langsam mit den Jahreszeiten wandelt.

Das Beeindruckende ist die Nachhaltigkeit, mit der diese mannigfaltigen Eindrücke auf den Betrachter einströmen, über hunderte von Kilometern hinweg, fast an der Grenze zur visuellen Reizüberflutung.

Mitten im »Flow« … ein Stau! Ein Stau!? Ja – ein Stau auf dem wenig befahrenen Dempster Highway. Vor uns stehen sechs, auf der anderen Seite drei Fahrzeuge!

Dazwischen ein Bagger, ein LKW und Kiesberge, die die Straße blockieren. Wir sehen niemanden arbeiten.

Im ersten Moment schießt uns der Artikel durch den Kopf, in dem die LKW-Fahrer mit einer Blockade des Dempster Highway drohen, um den dringend erforderlichen Straßenreparaturen öffentlichkeitswirksamen Nachdruck zu verleihen.

Wir befragen Wartende was los ist. Es soll noch eine halbe Stunde dauern, bekommen wir zur Antwort. Wo sind die Arbeiter? Die sind im Loch! Loch!?

Wir gehen vor bis zum Bagger und sehen einen etwa 1 m breiten Graben über die ganze Straßenbreite. Darin beschäftigen sich drei Arbeiter mit einem Entwässerungsrohr, das neu zu sein scheint. Eine halbe Stunde!?

Wer’s glaubt … Wo es nur eine Straße gibt, ist’s mit der Umleitung schwierig.

Wir stellen uns auf eine längere Pause ein, machen uns einen Kaffee und unterhalten uns mit Schicksalsgenossen in der überschaubaren Autoschlange. Es gibt wirklich schlechtere Plätze, um zu warten.

Nach ca. 1,5 Std. ist der Graben notdürftig zugeschüttet, verdichtet und wir können weiter. Beim Durchfahren der Baustelle ist zu spüren, dass auch wir noch etwas zur Verdichtung des Untergrunds beitragen.

Wir übernachten am Eagle Plains Hotel und erleben einen endlosen Sonnenuntergang. Eagle Plains befindet sich kurz vor dem Arctic Circle (Polarkreis), so dass der Himmel selbst um 1 Uhr nachts noch nicht ganz dunkel ist.

Im Hotel gibt es ein Restaurant und eine Bar. Im »Campingbereich« befinden sich auch Plätze mit Stromanschluss und einen Wasserhahn findet man am Gebäude. Die Dump-Station (abgedecktes Loch im Boden, kein Spülwasser) ist hinter dem Gebäude.

Obwohl wir hier mitten im Nirgendwo auf dem Dempster Highway sind, gibt es in der Lobby sogar kostenloses Internet (Wifi), das per Richtfunk kommt.

Bei Kilometer 405 überschreiten wir den Arctic Circle, dessen Beginn am Rastplatz mit einer Tafel dokumentiert ist.

Manche Reisende, die nicht bis Inuvik fahren, drehen hier nach dem Erinnerungsfoto um. Das ist ein Fehler! Wem diese Landschaft gefällt, der sollte mindestens bis zur Grenze Yukon/NWT fahren.

Auf dem folgenden Streckenabschnitt sehen wir nordwärts fahrend zwei und bei der Rückfahrt drei Grizzlys in der farbenprächtigen Tundra.

Ab der Grenze Yukon/NWT beginnt die Kilometerzählung wieder bei null. Wir zählen aber einfach weiter.

Bei Kilometer 539 kommen wir zum »Peel River Crossing« mit kostenloser Fähre über den »Peel River«.

Die Einweiserin möchte gerne unsere Drucklufthörner hören. Und so wird die kleine Fähre mitten auf dem Peel River zum akustischen Hochseedampfer. Also gut, ein zweites Mal ist auch noch drin … sie freut sich und wir freuen uns, dass sie sich freut.

Elf Kilometer nach der Fähre sind wir in Fort McPherson (ca. 900 Einwohner) und tanken an der einzigen Tankstelle sicherheitshalber gleich noch einmal voll, obwohl unsere Tankfüllung für die ca. 1500 km mehr als reichen sollte.

Bei Kilometer 608 gelangen wir zur »Mackenzie River Crossing«, eine ebenfalls kostenlose Fähre über den breiten Mackenzie River. Ein paar Meter neben dem Highway mündet flussaufwärts der »Artic Red River« in den Mackenzie.

Auf der dem Highway gegenüberliegenden Seite des »Artic Red River« liegt der Ort »Tsiigehtchic«. So fährt die Fähre am Mackenzie drei Punkte an: Einmal den Highway auf beiden Seiten und als dritten Punkt die Straße nach »Tsiigehtchic«, flussaufwärts nach der Einmündung des »Artic Red River«.

Im Winter werden die zugefrorenen Flüsse als Fahrbahn genutzt. Während der Gefrierphase bzw. der Auftauphase ist der Highway an diesen Stellen nicht passierbar. Die Versorgung von Inuvik erfolgt in dieser Zeit per Luft.

Die Fähre am Mackenzie wird im Zweischichtbetrieb mit jeweils vier Mann Besatzung betrieben. Die beiden Kapitäne wohnen nur während des Fährbetriebs am Fähranleger auf der Seite nach Inuvik. Der eine Kapitän, den wir nicht kennenlernen, ist Deutscher. Die Fähre wird bei Saisonende mit Bulldozern an Land gezogen und »parkt« zum Winterschlaf neben den Quartieren der Kapitäne. Der Mackenzie hat an der Fähre eine Tiefe von ca. 10 m, wobei sich an der Einmündung des Artic Red River ein ca. 30 m tiefes Becken gebildet hat.

Auf den letzten 100 km vor Inuvik wird die Landschaft relativ grün mit niedrigem Baumbestand und einzelnen Seen. Hier finden sich endlose gerade Streckenabschnitte, so dass wir auch etwas schneller fahren.

Ab dem Flughafen von Inuvik kommen wir auf Teer, der bis Inuvik anhält, wo wir nach 734 Kilometern das Ende des Dempster Highway erreichen.

Inuvik liegt am Mackenzie Delta, knapp 100 km südlich der Beaufortsee und hat aktuell 3.485 Einwohner.

Hier finden wir einen Supermarkt mit Vollsortiment, in dem zu unserer großen Überraschung auch mehrere Produkte aus Deutschland angeboten werden (z.B. Gerolsteiner).

Nach einer Übernachtung in Inuvik fahren wir bis Eagle Plains und in der nächsten Etappe bis Dawson City.

Der Rückweg überrascht uns dann aber doch. Es ist eine andere Strasse! In den 2-3 Tagen ist der Indian Summer weiter fortgeschritten, die Farben haben sich verstärkt, die umgekehrte Fahrtrichtung bringt andere Aus- und Einblicke.

Teilweise erleben wir Nebel und Regen, was den Dempster völlig anders erscheinen lässt.

Anderenorts der blaue Himmel und das warme Licht der Abendsonne, welches die schon kräftigen Farben der Landschaft noch intensiver zum Leuchten bringt.

Ein Fahrt auf dem Dempster Highway sind nicht 2 x 734 km (Hin- und Rückweg), sondern einmal einmalige 1.468 km absolute Traumstraße!

Deshalb bekommt der Dempster Highway hier auch einen eigenen Bericht!

Wir verbringen nun einige Tage in Dawson City und fahren dann auf dem »Top of the World Highway« nach Alaska.

Bilder Dempster Highway

„Die Erde ist eine Gondel, die an der Sonne hängt und
auf der wir aus einer Jahreszeit in die andere fahren.“
(Johann Peter Hebel, 1760-1826)
Québec, Montreal, Ottawa, Banff, Jasper, Dawson Creek

Der Trans-Canada-Highway (TCH), der hier die Nummer 20 trägt, bringt uns von Québec nach Montreal.

Die Innenstadt von Montreal ist vom Campingplatz Mont-Laval bequem mit Bus und Metro zu erreichen.

Wir beginnen unsere Besichtigung im alten Bankenviertel um den Place d’Armes gegenüber der Basilique Notre Dame und schlendern dem früheren Hafen am Sankt-Lorenz-Strom mit seinen lebhaften Quais entlang.

Von den über 150 Jahre alten Markthallen des »Marche Bonsecours« sind es nur ein paar Schritte zur Kirche »Notre-Dame-de-Bonsecours« und zum hübschen Hôtel de Ville (Rathaus).

Durch das kaum sehenswerte Chinesen-Viertel machen wir uns auf den Weg zu den modernen Hochhäusern der Innenstadt mit den Ladengeschäften.

Die Gebäude der weitläufigen Innenstadt sind großteils durch unterirdische Passagen und Gänge verbunden, so dass der urbane Einkaufsgenuss durch kein Wetter getrübt werden kann.

Selbst mit im Stadtplan eingezeichneter »Untergrundstadt« fällt die Orientierung Ortsfremden manchmal nicht ganz leicht.

Die Innenstadt von Montreal lässt sich gut zu Fuß ggf. in Kombination mit der Metro erkunden. Der moderate Straßenverkehr gab uns nie das Gefühl in einer Großstadt unterwegs zu sein.

Die direkte Nachbarschaft von historischen Gebäuden und hochmodernen Glasfassaden hinterlässt fast surreale Eindrücke.

Die kanadische Hauptstadt Ottawa, welche am Zusammenfluss von Ottawa River und Rideau River liegt, erreichen wir von Montreal innerhalb weniger Stunden. Dabei verabschieden wir uns auch von der Provinz Quebec und begrüßen die Nachbarprovinz Ontario.

Mit einem der Busse des »Ottawa Rapid Transit«, die zum Großteil ein eigenes Straßennetz benutzen, sind wir flott inmitten der geschäftigen Metropole.

Auf dem Parlament Hügel umrunden wir die prächtigen Parlamentsgebäude und bestaunen die Architektur der zur Flussseite gewandten Bibliothek.

Direkt unterhalb des Parlament Hügels befinden sich die acht handbetriebenen Schleusen des Rideau-Kanal, die hier einen Höhenunterschied von 24 m zum Ottawa River überwinden.

Die Schleusen sind für kleinere Boote noch in Betrieb und wir können beobachten, wie Muskelkraft und Wasserkraft die Motoryachten vom Ottawa River in den Rideau-Kanal heben.

Zum Museum of Civilization spazieren wir durch den »Major’s Hill Park« und über die den Ottawa River überspannende »Alexandra Bridge« nach Hull, der Ottawa gegenüber liegenden Nachbarstadt. Dabei überqueren wir nochmals die im Fluss liegende Provinzgrenze nach Quebec.

Vorbei an der »Basilika Notre Dame« machen wir uns auf den Rückweg zur betriebsamen Bushaltestelle. Ein Bus folgt dem anderen, kurzer Stopp, Tür auf, Tür zu, weiterfahren.

Inmitten einer nicht endenden Busschlange kommt auch schon unsere Nummer 97, die uns wieder schnell und bequem zurück zum Fahrzeug bringt.

Ottawa hat Charme! Eine Stadt, die man nicht versäumen sollte.

Thousand Islands wird ein Inselgebiet südlich von Ottawa genannt, das im Auslauf des Ontario-Sees bzw. im Sankt-Lorenz-Strom liegt. Von den rund 1750 Inseln gehören ca. 1/3 zu den USA und 2/3 zu Kanada.

Ab dem kleinen Ort Gananoque nehmen wir an einer Bootstour durch diese einmalige Inselwelt teil. Viele Inseln sind bewohnt, nahe beieinander gelegene Inseln teilweise mit Steg oder kleiner Brücke verbunden.

Unterwegs werden uns die Geschichten ausgewählter Inseln erzählt. Die Beträge, zu denen damals manche Inseln den Besitzer wechselten, waren niedriger, als das Familienticket für die Bootstour.

In Kingston besichtigen wir das »Old Fort Henry«, das hier an strategischer Position den Sankt-Lorenz-Seeweg beschützt hat.

Anschließend geht es zum »Bellevue House National Historic Site«, in dem der erste kanadische Premierminister – John A. Macdonald – ca. ein Jahr während seiner Anwaltstätigkeit gelebt hat.

Ein Abstecher führt uns in den Sandbanks Provincial Park am Ontario See, dem angeblich weltweit größten Süßwasser-Dünensystem.

Dem Ontario See entlang fahren wir nach Toronto und hangeln uns auf den Highways um die Stadt zum QEW (Highway), welcher uns an Hamilton vorbei Richtung Niagara Falls führt.

Die Niagara Fälle zählen zu den schönsten und größten Naturwundern Nordamerikas. Sowohl die amerikanischen Fälle, als auch die kanadischen Fälle können von der kanadischen Seite besser gesehen werden.

Die kanadischen Fälle besitzen die Form eines Hufeisens und werden deshalb auch »Horseshoe« genannt.

Mit einer Fallhöhe von 52 m und einer Kantenlänge von knapp 700 m (je nach Quelle) sind die kanadischen Fälle wesentlich beeindruckender.

Dem Touristenrummel an den Wasserfällen entfliehen wir dann doch relativ schnell, ohne auch nur an einer der typischen Touristenattraktionen teilgenommen zu haben.

In dem für seinen Weinanbau bekannten Gebiet um Niagara Falls, decken wir uns lieber auf dem Weingut Creekside mit ein paar Flaschen »Traubensaft« ein.

Und da wir aus Deutschland sind, sollen wir unbedingt eine E-Mail an die Kellermeister wegen dem Riesling schreiben, auf den man offensichtlich sehr stolz ist.

An Toronto vorbei geht es dem Lake Huron entlang über Sudbury nach Sault Ste. Marie.

Hier befinden sich die letzten beiden Schleusen (1x USA-, 1x Kanada-Seite) auf dem Sankt-Lorenz-Seeweg, die den Lake Superior mit dem Lake Huron verbinden.

Wir durchfahren stundenlang endlose Waldgebiete bis nach Wawa, was in der Sprache der Indianer »Wildgans« heißt.

Eine überdimensionale Wildgans, die uns am Ortseingang empfängt, ist gleichzeitig das Wahrzeichen der Stadt. Die reizvollen Wasserfälle »Scenic High Falls«, die ein paar Kilometer außerhalb liegen, erreichen wir über eine gute Piste. Der Pisteneinstieg ist ca. 1,5 km südlich des Wahrzeichens (Schild: Wanderparkplatz).

Bald sind wir in White River, dem Ort von Winni the Pooh, dessen »Denkmal« an der Durchfahrtsstraße nicht zu verfehlen ist.

Aus dem Nichts auftauchende Orte, wie »Marathon«, ergeben bei der Endlosigkeit der Strecke durchaus einen hintergründigen Sinn.

In Thunder Bay besuchen wir das sehr authentische Fort William, ein lebendes Museum dessen Besuch wir geschichtlich Interessierten in jedem Fall empfehlen können. Es handelt sich dabei um die Rekonstruktion eines aus Palisaden errichteten Forts der North West Company.

Wir kosten an offenem Feuer gebackenes Brot, werfen einen Blick in die Indianerzelte und erkunden die vielen Gebäude des Forts. Mitarbeiter in historischer Kleidung erzählen, wen sie darstellen, zeigen uns Wohnung oder Arbeitsstätte der dargestellten Person und erklären die im Fort wahrgenommene Funktion oder führen uns »ihr« Handwerk vor.

Auch die knapp 40 m hohen Kakabeka Falls ca. 25 km westlich von Thunder Bay sind einen Besuch wert, zumal man sowieso direkt daran vorbei fährt.

Über Winnipeg geht es jetzt in die endlose Weite der Prärien von Manitoba, Saskatchewan und Alberta.

Vielfach ist zu lesen, dass dieser Streckenteil langweilig, langatmig und eintönig sei. Wir sehen das nicht so, vielleicht weil wir auch die entfernte Ähnlichkeit zur Wüste lieben.

Die unbegrenzte Fernsicht, das wechselnde Farbenspiel der Landschaft, endlose Felder, blaue Seen, grasende Rinderherden und die Klassiker von CCR lassen einem durch 1.000 km Bilderbuchlandschaft schweben und vermitteln ein erstaunliches Gefühl von Freiheit, bei der kaum ein Baum die Sicht zum Horizont verstellt.

In der Provinz Saskatchewan erleben wir den Grasslands NP, bei dem die Prärie in ihrer Ursprünglichkeit belassen wird, wie diese von den ersten Siedlern angetroffen wurde.

In den Präriehund-Kolonien warnen sich die Tiere gegenseitig vor dem nahenden Touristen.

Im Cypress Hills Interprovincial Park war das Fort Walsh für uns nicht besonders sehenswert.

Es gibt eine geführte Tour oder man kann das Fort auf eigene Faust erkunden. Allerdings bleiben einem in letzterem Fall interessante Gebäude verschlossen.

Wie auch immer – für uns kein Vergleich mit Fort William! Das Beste an Fort Walsh ist der nahegelegene Beginn der Piste (nicht für Wohnmobile, aber für Truck Camper und ggf. PKWs geeignet) durch den Park nach Elkwater.

Es ist eine herrliche Strecke durch dicht bewaldete Hügel, die uns über die »grüne Grenze« nach Alberta lotst.

Schon wieder ist eine Zeitumstellung fällig – hier gilt die Mountain Standard Time.

Über Medicine Hat fahren wir zuerst auf dem Highway, dann auf langen Schotterstrecken (Gravel Road) und zum Schluss auf gutem Teer zum Dinosaur Provincial Park.

Schon vor dem Dinosaur Provincial Park fällt uns immer wieder der »Canyon« inmitten der ansonsten flachen Prärie auf.

Am Parkeingang bieten sich bei tief stehender Sonne spektakuläre Ausblicke in die »Badlands« des »Red Deer River«. Der Fluss gräbt sich immer tiefer in den Sandstein und bringt so diese bizarre Mondlandschaft hervor.

Im Park befindet sich eine der weltweit aufregendsten Fundstellen von Dinosaurierskeletten, in der bisher 35 Arten entdeckt wurden.

Wir übernachten direkt im Park und unternehmen mehrere kurze Wanderungen auf den ausgewiesenen Trails.

Auf dem Weg zum Royal Tyrrell Museum in Drumheller, einem der weltweit führenden Dinosaurier Museen, besichtigen wir Hoodoos, wobei es sich um säulenartige Sandsteinformationen mit einem härteren Gestein als »Hut« handelt.

Ein Vergleich mit historischen Fotos zeige das Fortschreiten der Erosion. Die Hoodoos sind heute erheblich kleiner.

Auf dem Dinosaurier Trail überqueren wir mit einer der letzten Kabelfähren Albertas kostenlos den Red Deer River.

Um Calgery herum geht es in die Rocky Mountains zum Banff National Park, dem ältesten National Park in Kanada.

Unser erster Weg führt in das Visitor Center im Ort Banff, wo wir uns mit kostenlosem Informations- und Kartenmaterial versorgen.

Schon hier sehen wir an den vielen Touristen, dass dieser National Park einer der beliebtesten Parks in Kanada ist.

Am Lake Louise, einer der Anziehungspunkte im Park, finden wir ähnliche Touristenmassen, wie in Niagara Falls. Selbst auf dem Weg zum Peyto Lake ist man keine Minute alleine.

Eine der Traumstrassen der Welt, der Icefields Parkway (93), führt uns auf einer Strecke von ca. 230 km direkt vom Banff National Park in den nicht weniger beliebten Jasper National Park.

Die serpentinenfreie Hochgebirgsstrecke erlaubt es auch dem Fahrer, die großartigen Panoramen der Rocky Mountains während der entspannten Fahrt zu genießen.

LKWs sind hier verboten, weshalb wir am Kontrollpunkt am Beginn des Icefields Parkway auch gefragt werden, ob das wirklich ein »Camper« ist.

Gleich am Beginn des Icefields Parkway sehen wir unseren ersten Schwarzbären, dem auf der Strecke weitere folgen sollen. Dazu kommen Dallschafe und ein unglaublich gewaltiger Hirsch, von dem es leider kein Foto gibt.

Wir machen eine kurze Wanderung zum beeindruckenden Columbia Eisfeld einem der Höhepunkte der Strecke.

Hier kann man an Schildern mit Jahreszahlen den Rückgang der Eismassen verfolgen.

Nach dem Besuch der Athabasca Falls nehmen wir die hier beginnende alte Streckenführung des Icefields Parkway.

Eine Steigerung ist die ca. 15 km lange Cavell Road (Fahrzeuge bis 7 m), die uns in teils engen Serpentinen hoch zum Mount Edith Cavell führt.

Wer nach der einsamen und holprigen Fahrt denkt, er sei hier oben alleine, wird nach der Ernüchterung froh sein, einen freien Parkplatz zu finden. Wir gehen den Rundwanderweg zum Mount Edith Cavell, der uns zum Cavell-Gletscher mit Gletschersee und zum Angel-Gletscher führt.

Zurück auf dem alten Parkway geht die Fahrt über den neuen Parkway zum Maligne Lake, wo wir ebenfalls eine kleine Wanderung dem See entlang unternehmen.

Wir verlassen den Jasper National Park in westlicher Richtung auf dem Yellowhead Highway und fahren über Prince George nach Dawson Creek.

In Dawson Creek beginnt der Alaska Highway, ein berühmtes Highlight unserer Reise.

Der Alaska Highway wurde während des Zweiten Weltkriegs innerhalb von ca. 8 Monaten (je nach Quelle unterschiedlich) als Nachschubweg gebaut und geht über ca. 2.200 km von Dawson Creek (BC, Kanada) nach Delta Junction (Alaska, USA).

Die Abstände der Städte entsprechen in etwa unserem Tagespensum. Die Ansiedlungen dazwischen bestehen oft nur aus Tankstelle, Motel und Campground. Werbetafeln bieten heiße Duschen an.

Die landschaftlich abwechslungsreiche Fahrt bietet großartige Steckenabschnitte, insbesondere im Bereich der Rocky Mountains. Hier ergeben sich oftmals grandiose Ausblicke.

Unterwegs sehen wir Bären, Bisonherden und Elche, die meisten Elche auf Verkehrschildern zur Warnung, aber auch ein lebendiges Exemplar.

Genau an der Contact Brigde, wo sich die beiden Arbeitstrupps 1942 beim Bau des ALCAN getroffen haben, trifft uns ein Stein von einem vorbeirasenden Pickup auf der Windschutzscheibe und beschädigt diese lokal. Kaum 10 Minuten später kommt uns ein schwerer Lastwagen »mit Staubwolke« entgegen. Zack! Zweite lokale Beschädigung.

Wo die Strassen geteert sind und mit Schotter ausgebessert werden, sind diese Beschädigungen aufgrund der hohen Geschwindigkeit an der Tagesordnung. Wir wissen, dass es hier auch die Spezialisten gibt, die solche Beschädigungen reparieren können.

Watson Lake, das Tor zum Yukon, ist durch seinen »Sign Post Forest« (Schilderwald) weltweit bekannt.

Hier hat 1942 ein Soldat ein Schild seiner Heimatstadt angenagelt und seither hängen Touristen aus aller Welt ihre mitgebrachten Schilder auf. Inzwischen sollen es weit über 50.000 Schilder sein.

Wir fragen bei der Touristeninformation nach einer Firma, die unsere Frontscheibe reparieren kann. Knappe freundliche Antwort: »Whitehorse!«

Ist ja nur 500 km entfernt! Aber wir bekommen einen Flyer von Glass Magnum, Whitehorse.

In Whitehorse angekommen, rufen wir bei Glass Magnum an und vereinbaren einen Termin für den nächsten Tag (Samstag!).

George, der Inhaber, empfiehlt uns den CP Hi Country, der der beste CP der Stadt ist (Wifi!).

Die Dame an der Rezeption kennt George, der praktisch jeden Tag mindestens einmal für Reparaturen hier ist und gibt ihm telefonisch auch gleich unsere Stellplatznummer durch. Das klappt ja prima!

George ist sogar etwas früher da und beginnt sofort mit der Reparatur der Windschutzscheibe.

Die Beschädigung wird angebohrt, gereinigt und dann mit einem transparenten Harz gefüllt. Unter UV-Licht härtet das Harz und die Oberfläche wird geglättet, so dass die Reparaturstelle nicht mehr fühlbar ist.

Eine solche Beschädigung muss möglichst schnell repariert werden, damit sich keine Risse in der Scheibe fortsetzen. Die Reparatur der beiden Beschädigungen hat keine Stunde gedauert.

Von Whitehorse werden wir weiter Richtung der berühmt-berüchtigten Goldgräberstadt Dawson City fahren, in deren Nähe der Dempster Highway nach Inuvik abzweigt, der größten Stadt Kanadas, nördlich des Polarkreises.

Bilder

„Vagabondage ist Befreiung, und das Reiseleben
auf allen Straßen ist Freiheit.“
(Isabelle Eberhardt, 1877-1904)