La Carrera Panamericana und wir mittendrin

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Querétaro, Mineral de Pozos, Dolores Hidalgo

La Carrera Panamericana ist die wohl härteste Speed-Rallye der Welt, die in sieben Tagen etwa 3.500 km durch drei von vier Klimazonen Mexikos führt.

In hochgerüsteten Renn-Oldtimern rasen etwa 100 Teams von Huatulco im tropischen Süden, über Oaxaca, Ciudad de México, Querétaro, San Luis Potosi, Guadalajara, Zacatecas bis in den Norden zur Grenzstadt Nuevo Laredo.

So stellt die La Carrera Panamericana auch in diesem Jahr wieder höchste Anforderungen an Mensch und Maschine!

Das legendäre Rennen findet erstmals 1950 zur Eröffnung des mexikanischen Abschnitts der Panamericana statt.

Wer auf der Panamericana unterwegs ist, darf sich dieses Spektakel einfach nicht entgehen lassen.

Und so interessieren wir uns für das Rennen und die tollkühnen Männer (und Frauen) in ihren fliegenden Kisten.

Von San Miguel de Allende ist der nächstgelegene Punkt der diesjährigen Strecke im ca. 65 km entfernten Querétaro.

Zuvor stehen jedoch noch einige Feste im Kalender.

Die Geschichtsbücher des mexikanischen Unabhängigkeitkampfes räumen San Miguel de Allende einen prominenten Platz ein, und so hat der Unabhängigkeitstag hier eine ganz besondere historische Bedeutung.

Schon am Vorabend feiert man am Jardin mit Feuerwerk und dem berühmten El Grito, mit dem der Pfarrer Miguel Hidalgo vor 199 Jahren den Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier auf den Stufen seiner Kirche in Dolores ausrief.

Pfarrer Miguel Hidalgo marschierte damals mit seinem Gefolge vom nahegelegenen Dolores zum Kloster Atotonilco und weiter nach San Miguel, um sich hier mit Ignacio Allende und seinen Leuten zu vereinen.

Die Ankunft der Unabhängigkeitskämpfer wird alljährlich durch einen traditionellen Marsch mit Reitern und Fußvolk in historischen Kostümen nachgestellt.

Nicht weniger spektakulär sind die Gedenkfeiern zu Ehren des San Miguel Arcángel (Erzengel Michael) am 29. September, dem Schutzpatron der Stadt.

Am darauffolgenden Samstag wird um 4 Uhr früh (!) ein gigantisches und ohrenbetäubendes Feuerwerk von beiden Seiten des Jardin abgefeuert.

Von der Parroquia schießen Feuerwerkskörper mitten in die Menschenmenge, starker Pulvergeruch liegt in der rauchgeschwängerten Luft, es ist unbeschreiblich laut, imposant, beispiellos und die endlose Ballerei wirkt eigentümlich schön.

Sechzig Minuten dauert dieses krachende Schauspiel. Eine Anregung fürs nächste Stadtfest – morgens um 4 Uhr in Deutschland.

Gegen 6 Uhr fallen wir ins Bett – der Spanischkurs um 9 Uhr fällt aus.

Dafür gehen wir nachmittags zum bunten Umzug, bei dem liebevoll geschmückte Tänzer in traditioneller Aufmachung die verschiedenen indigenen Stämme der Umgebung repräsentieren.

Viele der Tänzer geraten dabei förmlich in Trance, was bei der langen Anstrengung und den Temperaturen nicht verwunderlich ist.

Die La Carrera Panamericana hat begonnen und wir fahren nach Querétaro, einer Großstadt mit herausragender geschichtlicher Bedeutung und seit 1996 UNESCO-Weltkulturerbe.

Das koloniale Stadtzentrum ist sehr gepflegt und gilt als relativ sicher. Viele deutsche Firmen haben sich in Querétaro angesiedelt.

Wir besichtigen die wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Querétaro, darunter eindrucksvolle Kirchen, hübsche Plätze und den knapp 1300 m langen Aquädukt von Querétaro, der die wasserarme Stadt seit 1738 mit Wasser versorgt.

Die La Casa de la Marquesa – einst nobler Stadtpalast einer angesehenen Familie – ist heute ein stilvolles Hotel, das man sich unbedingt von innen ansehen sollte.

Benzin liegt in der Luft! Es ist 17:00 Uhr, die offizielle Ankunftszeit der La Carrera Panamericana am Templo San Francisco.

Arco de Lledgada nennt man das rote aufblasbare Tor, das als Ziel der heutigen Etappe durchfahren wird.

Unser Spitzenplatz direkt am Absperrgitter verspricht beste Sicht auf die nahe Zieldurchfahrt.

Das denkt sich eine kleine Gruppe von Organisatoren auch und stellt sich auf der anderen Seite des Gitters direkt in unser Blickfeld.

So wird das nichts mit Fotos – es nervt! Platzwechsel!

Entlang der Straße sind überall Zuschauer und ein guter Platz ist nicht mehr zu finden.

Wir stehen gerade am Ende der Absperrung, als sich ein Offizieller an uns vorbei durch die Menschenmenge in Richtung Straße quetscht.

Der will vor das Gitter! Ehe wir uns versehen, gelangen wir in seinem Windschatten in den abgesperrten Bereich am Ziel.

Endlich mehr Platz, bessere Sicht und mittendrin!

Direkt neben uns stehen Organisatoren, auf der anderen Seite das Fernsehen, rechts und links der Straße die Absperrgitter, dahinter die Zuschauer.

Man sieht uns, aber man schickt uns nicht weg. Was die wohl denken, wer wir sind? Eine DSLR scheint hier noch Eindruck zu machen.

Die Wertungsprüfungen waren außerhalb der Stadt und die Fahrzeuge kommen nacheinander durch das vielleicht 15 m entfernte Ziel.

Hostessen auf jeder Fahrbahnseite verleihen Fahrer und Beifahrer eine hübsche Medaille für das erreichte Tagesziel.

Zwischen dem Ende der Absperrung und dem Nachtplatz der Fahrzeuge bildet sich eine immer enger werdende Menschengasse, die Teams werden wie Helden begrüßt und den hupenden Fahrzeugen wird – stellvertretend für die unerreichbare Schulter der Besatzung – auf Dach oder Kotflügel geklopft.

Auch Süddeutschland hat seine Helden geschickt und so begegnen uns mitten in Mexiko nicht nur die allgegenwärtigen VW-Käfer, sondern auch Porsche und Mercedes aus Stuttgart, Balingen und Starnberg.

Mehr und mehr Zuschauer drängen im abgesperrten Bereich nach vorne, so dass wir lieber zu den bereits geparkten Boliden gehen, um noch einige Bilder zu machen.

Viele Fahrzeuge wurden vom Team schon verlassen, während engagierte Teams ihre Fans noch mit Autogrammen beglücken und sich mit interessierten Zuschauern unterhalten.

Hier treffen wir auch Alexandra und Thomas an ihrem schwarzen Mercedes 280 SE mit Startnummer 382, deren Internetseite wir schon vorher entdeckt und das Blog verfolgt hatten.

Nach einer netten Unterhaltung schauen wir noch die anderen Fahrzeuge an und machen uns zügig auf den bereits dunkel werdenden Heimweg.

Eine Tagestour führt uns in das Städtchen Dolores Hidalgo und zur ehemaligen Kirche von Pfarrer Miguel Hidalgo, der hier mit dem Grito de Dolores (Schrei von Dolores) im Jahre 1810 den Unabhängigkeitskampf gegen die Spanier auf den Stufen seiner Kirche ausrief.

Wir besuchen das Museo de la Independencia Nacional, welches Bilder, Dokumente und weitere Gegenstände des Unabhängigkeitskampfes ausstellt.

Unser Rückweg führt uns am Kloster Atotonilco vorbei (siehe Fotogalerie Atotonilco), aus dem sich Hidalgo damals die Kirchenfahne mit dem Bildnis der Virgen de Guadalupe (Jungfrau von Guadalupe) holte, bevor er nach San Miguel weitergezogen ist.

Eine andere Tour bringt uns in den 60 km entfernten Minenort Mineral de Pozos, der mit bis zu 80.000 Einwohnern und über 300 aktiven Minen einst zu den vier wichtigsten Städten im Staat Guanajuato gehörte.

Bis in die 1950er Jahre verkam Pozos zu einer Geisterstadt mit nur noch 200 Einwohnern.

Nachdem Pozos zum National Monument erklärt wurde, setzte ein kleiner Aufschwung ein, so dass der Ort heute angeblich wieder über 2000 Bewohner zählt.

Der Besuch von Pozos ist eine Zeitreise ins vorletzte Jahrhundert, das gleich am Ortseingang beginnt.

Hier tauscht der Zeitreisende das glatte Asphaltband der Neuzeit in das raue Kopfsteinpflaster der kolonialen Vergangenheit.

Die hellen Gebäude unterstreichen die Tristesse eines verlassenen Ortes.

Welch ein Kontrast zu den farbenfrohen Fassaden und dem bunten Leben in Guanajuato, San Miguel de Allende und Dolores Hidalgo, mit denen Pozos einst in einem Atemzug genannt wurde.

2000 Einwohner soll der Ort haben! Wo sind die nur? Farbe holen?

Am ersten November feiert Mexiko den berühmten Día de los Muertos (Tag der Toten). Zwei Bilder der Vorbereitungen sind in der Bildergalerie dieses Berichts (s.u.).

Mehr Bilder und Infos vom Día de los Muertos folgen im nächsten Bericht.

Bilder

„Es wird Wagen geben, die von keinem Tier gezogen werden
und mit unglaublicher Gewalt daherfahren.“
(Leonardo da Vinci, 1452-1519)